Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 88

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Es geht ja hier um die Frage, ob Lohnsenkungen, unter welchem Titel immer – und das läuft ja meistens unter dem schönen Namen "Flexibilisierung", und wir haben ja gerade zwischen Bundeswirtschaftskammer und Industriellenvereinigung eine solche Diskussion gehabt –, Beschäftigung schaffen. Nein, allein schafft das keine Beschäftigung. Es freut mich, daß Sie das als Praktiker hier auch bestätigen. Es ist nur etwas anderes, als leider meistens von den Interessenvertretungen der Unternehmerseite gesagt wird.

Daher: Der wesentliche Punkt ist einmal die Frage der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Natürlich stellt sich dann für bestimmte sensible Bereiche die Frage, ob in bestimmten, speziell abgrenzbaren Bereichen die Frage der Lohnnebenkosten oder der Lohnkosten eine gewisse Rolle spielen. Auch dazu gibt es entsprechende Studien, die zeigen: Wenn überhaupt, ist das am ehesten im Bereich der niedrigen Einkommensgruppen von Relevanz. Für die höheren Einkommensgruppen spielt die Frage der Lohnnebenkosten kaum eine Rolle.

Hier ist zu überlegen, ob es da Entlastungen geben kann. Ich darf daran erinnern, wir hatten eine solche Diskussion hier im Haus bei der Frage der Einführung der Kommunalabgabe, wo ja von seiten der Sozialdemokraten – damals auch mit Minister Lacina – ein Konzept vorgelegt wurde, die Kommunalabgabe, das heißt de facto die Lohnsummensteuer, geringer zu erhöhen beziehungsweise für untere Einkommensgruppen entfallen zu lassen und dafür die Abschreibungen in die Bemessungsgrundlage hineinzunehmen. Das hätte zweifellos eine Entlastung auf der Lohnseite bedeutet, wurde aber leider von seiten der Unternehmerverbände strikt abgelehnt, sodaß wir dieses Konzept nicht durchführen konnten. Ich halte es nach wie vor für einen interessanten Ansatz und bin der Meinung, daß wir das durchaus in der Diskussion hier lassen sollten.

Nächster Punkt – und das ist natürlich ein grundlegender Punkt in dem gesamten Konzept – ist die Frage: Wie sieht es aus mit der internationalen Verflechtung? Das klingt natürlich immer sehr schön, wenn gesagt wird, Österreich soll hier doch eine Vorreiterrolle spielen, Dänemark hätte auch so etwas gemacht. (Zwischenruf des Abg. Wabl. ) Auch hier, lieber Kollege Wabl, ist die Wahrheit konkret. Man muß sich die Sachen jetzt genau anschauen. Natürlich gibt es gewisse Spielräume, die wir ja auch zum Teil genutzt haben. Kollege Kier hat ja darauf hingewiesen, wir haben ja bei den steuerlichen Maßnahmen, die wir im Energiebereich gesetzt haben, gewisse Spielräume ausgenützt – aber eben nur gewisse Spielräume. Alles, was darüber hinausgeht, ist eben tatsächlich mit der Gefahr verbunden, daß wir damit die relative Position gegenüber anderen Staaten verschlechtern, was natürlich unmittelbar zu Lasten der Beschäftigung geht.

Dänemark ist da – wenn man sich das genau anschaut – kein Gegenbeispiel. Erstens ist die gesamte Besteuerung der Energie in Österreich nicht sehr viel geringer als in Dänemark. Ich darf Sie darauf hinweisen, daß wir in Österreich zum Beispiel bei der Mehrwertsteuer für Energie den Normalsatz haben, während es in Dänemark einen begünstigten Satz gibt. Das heißt, wir haben ja unter einem anderen Titel genau eine Energiebesteuerung. Wir haben sie aber bewußt so gemacht, daß wir die Exportindustrie damit entlastet haben.

Zweiter Punkt: Es dürfte Ihnen nicht entgangen sein, daß Dänemark eine etwas andere Wirtschaftsstruktur hat. Es gibt eben in Dänemark keine Stahlwerke, es gibt keine Papierindustrie. Wenn Sie jetzt denken, auf die verzichten wir, dann sagen Sie es! Wir sind nicht dieser Meinung. Wir sind der Meinung, daß wir in Österreich eine Industriestruktur haben, die gerade für die Dynamik unserer Wirtschaft wichtig ist, und diese Industriestruktur wollen wir auch weiter erhalten – im Interesse der Beschäftigten. Darauf läuft es letztlich hinaus.

Ich glaube, es ist interessant, diese Dinge zu diskutieren, aber es ist gefährlich, eine Diskussion abzuführen, ohne die tatsächlichen wirtschaftlichen Realitäten zu berücksichtigen. Und aus unserer Sicht, aus der Verantwortung gegenüber den Beschäftigten in diesem Land und ihren Familien und damit auch den Einkommensentwicklungen in Österreich glauben wir, daß dieser vorsichtige Weg, den wir gehen, der richtige Weg ist für Österreich und für seine Beschäftigten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.30


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