Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 41. Sitzung / Seite 122

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16.28

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe ja schon viel Verständnis dafür, Herr Bundeskanzler, daß Sie etwas unwillig sind, auf dieses Potpourri von Fragen zu antworten, bei dem auch mir manchmal der rote Faden gefehlt hat. Ich habe aber sehr wenig Verständnis dafür, Herr Bundeskanzler, daß Sie sich geweigert haben, diese Fragen zu beantworten, daß Sie keine einzige Frage konkret beantwortet haben – das ist unmöglich, Herr Bundeskanzler. Dieses Parlament besteht nicht nur aus FPÖ-Mitgliedern – aber auch diese FPÖ-Mitglieder, diese Parlamentarier haben, genauso wie alle anderen ein Recht darauf, zu erfahren, was Sie ganz konkret zum Thema Semperit, was Sie ganz konkret zum Thema Sparpaket meinen.

Herr Bundeskanzler! Sie dürfen es sich nicht so einfach machen. Die Leute in dieser Republik, aber auch die Leute hier im Hohen Haus erwarten sich Antworten von Ihnen, und sie haben auch ein Recht darauf.

Herr Bundeskanzler! Wir haben uns lange überlegt, wie wir noch vor den Wahlen von Mitgliedern dieser Bundesregierung eine konkrete Antwort erhalten: zum Thema Semperit, zum Thema Beschäftigungsunion, zu all den sozialen Fragen, auch zum Thema Sparpaket, die die Leute hier bewegen – nicht nur im Hohen Haus. Wir sind auf den Gedanken einer Sondersitzung gekommen, weil das die einzige Möglichkeit ist, Mitglieder der Bundesregierung in eine intensive Auseinandersetzung zu diesem Thema zu zwingen.

Wir waren eigentlich sehr froh, daß die Freiheitliche Partei zumindest einen Teil dessen, was uns interessiert hat – das Thema Semperit –, zum Gegenstand einer dringlichen Anfrage gemacht hat. Für uns war damit klar, daß wenigstens ein Teil dessen, was uns interessiert, in dieser Dringlichen Anfrage behandelt werden kann.

Sie, Herr Bundeskanzler, haben aber überhaupt keine Antwort gegeben! Das ist denkunmöglich! Das halte ich für falsch, das halte ich für verkehrt, und das halte ich auch – mit Verlaub, Herr Bundeskanzler – gegenüber den Mitgliedern dieses Hauses für ungehörig.

Wir wollen von Ihnen am Beispiel Semperit erfahren, nicht nur, was in dem Gutachten der Finanzierungs- und Garantiegesellschaft, der FGG, zum Thema Semperit, wie Semperit gerettet werden könnte, steht. Wir wollen aber auch von Ihnen, Herr Bundeskanzler, ein klares Wort zu der Androhung und dem inszenierten Theater der Amtshandlung von Staatspolizei und Polizei vor der Semperit. Wir möchten gerne wissen, ob der Bundeskanzler der Meinung ist, daß die Arbeiter bei Semperit – die sich dort gegen den Abtransport von Maschinen wehren, und auch für den Fall, daß sie sich anketten – tatsächlich staatspolizeilich präventiv von Exekutivkräften dieser Republik amtsbehandelt werden sollen. Und wir möchten gerne von Ihnen wissen, Herr Bundeskanzler, auf welcher Seite Sie in diesem Fall stehen, ob Sie der Meinung sind, daß sich die Arbeiter von Semperit wehren dürfen, ohne fürchten zu müssen, daß sie entlassen werden, daß sie durch die Exekutive dieser Republik kriminalisiert werden.

Und da ist es mir zu wenig, daß es in dieser Frage einen kleinen Zurückpfiff durch den Innenminister gegeben hat, der gesagt hat: Es ist ja alles nicht so gemeint! Das inszenierte Theater hat jeder mitverfolgen können, der fernsehen kann. Und jeder hat begriffen, worum es hier geht: Daß auf der einen Seite Mitglieder der Bundesregierung – auch Sie, Herr Bundeskanzler – ganz gezielt sagen, wir helfen euch, und auf der anderen Seite folgendes inszeniert wird: Aber wenn ihr euch wehrt, dann gnade euch Gott! Und da möchten wir von Ihnen, Herr Bundeskanzler, mehr darüber wissen, was Sie sich zu diesen Fragen denken.

Wir möchten auch genauer wissen, was Sie am Beispiel Semperit ganz konkret an Hilfen anbieten wollen, was Ihre Interventionen sind, die Sie noch tätigen können – außer dem Versprechen, wir werden alles versuchen die Arbeitsplätze zu halten, wo wir doch alle aufgrund der Gutachten oder zumindest dessen, was in der Öffentlichkeit bekannt ist, wissen, daß das vermutliche Ende dieses langsamen Erosionsprozesse natürlich sein wird, daß in wenigen Jahren kein Mensch mehr bei Semperit in Traiskirchen beschäftigt ist. Wir wollen wissen, was Sie tun wollen, um den Leuten in diesem Betrieb auch etwas Mut für die Zukunft zu machen.


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