Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 21

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Ich glaube, daß wir auch einen großen Sprung nach vorne machen könnten, der inlandswirksam ist und für die Klein- und Mittelbetriebe gilt, wenn es uns gelänge, die thermische Sanierung der Gebäude rascher voranzutreiben. Diesbezüglich sind vor allem vom Wirtschaftsminister und von der Bundesbaudirektion entsprechende Initiativen gefordert.

Erst in der letzten Nummer der Unternehmerzeitung der Wirtschaftskammer "Der Unternehmer" heißt es, daß in Österreich pro Arbeitnehmer pro Stunde mehr als 260 S an Lohn anfallen. Es ist das in meinen Augen eine sehr große Provokation – man braucht sich nur die tatsächliche Lohnentwicklung in Österreich anzuschauen. Es wird das aber als Argument dafür verwendet, daß die Arbeit in Österreich zu teuer ist.

Man muß dem gegenüberstellen, wie sich die Stundenproduktivität in Österreich entwickelt hat, vor allem in der Industrie: 1993: plus 4,4 Prozent, 1995: plus 5,9 Prozent, 1996: voraussichtlich plus 4,5 Prozent und 1997 voraussichtlich plus 5 Prozent. Im Bereich der Dienstleistungen gibt es in der gesamten EU – also inklusive Österreich – eine Zunahme der Produktivität in Höhe von 2 Prozent, die Zunahme der Löhne hingegen liegt bei 0,6 Prozent. Man kann daher sicher nicht das Argument, daß die Arbeit zu teuer geworden ist, aufrechterhalten, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Mag. Peter. )

Ich bin überzeugt davon, daß das Senken der Löhne kein beschäftigungspolitisch richtiges Rezept ist. Sie wissen aus dem eigenen Bereich, ein Sinken um 0,8 Prozent ... (Abg. Haigermoser: Das ist richtig!) – Eben, ich will Sie in Ihrer Argumentation sogar noch bekräftigen. – Ein Rückgang der privaten Kaufkraft um 0,8 Prozent sollte uns zu denken geben, wenn gesagt wird, daß die Löhne oder die Lohnkosten insgesamt zu hoch sind.

Gehen wir doch an das Problem einmal praktisch heran: Wird irgendeine Firma, die heute zum Beispiel Schweißroboter einsetzt, bei niedrigeren Löhnen Schweißer einsetzen? – Ich glaube, daß das ein falscher Zug ist.

Das, was wir mehr denn je brauchen, meine Damen und Herren, ist der Zugang zur Beschäftigung nicht unter dem Titel "Weg mit den Lohnkosten!" – ich habe manchmal das Gefühl, daß der Arbeitnehmer als das neue Feindbild gesehen wird –, sondern wir müssen zu einer vernünftigen Entwicklung in der Beschäftigungssituation kommen. Dabei geht es auch um Nachtarbeit, um Flexibilität, aber auch um das heute aktuelle Thema Ladenöffnungszeiten.

Ich möchte nicht verschweigen, daß der immer wieder gestellten Forderung, die Geschäfte sollten länger offen halten, ein Problem gegenübersteht, daß nämlich zum Beispiel beim Billa-Konzern 300 000 Arbeitsstunden aufgrund einer veränderten Arbeitsmarktsituation nicht vergütet werden.

Meine Damen und Herren! Wenn immer vom längeren Offenhalten gesprochen wird, sollte man auch an die dort Beschäftigten denken. – Ich glaube, das wäre der sinnvollere Weg. (Beifall bei der SPÖ.)

11.33

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Edeltraud Gatterer. – Bitte sehr.

11.34

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Sozialminister! Das Erhalten und Schaffen von Arbeitsplätzen ist die zentrale Frage für die Politik und für die Zukunft. Ich glaube, alle politischen Parteien in diesem Haus müssen darin übereinstimmen, daß die Sicherung eines möglichst hohen Beschäftigungsniveaus absoluten Vorrang hat.

Jeder einzelne Arbeitslose bedeutet ein Einzelschicksal, ein Familienschicksal, stellt aber auch einen Kostenfaktor für Staat und Gesellschaft dar. Offensive Arbeitsmarktpolitik ist daher ein wichtiger Teil der Budgetkonsoldierung. Wachsende Arbeitslosigkeit würde dem Budget dramatische Schwierigkeiten bereiten. Wir würden auf der Ausgabenseite sofort neue Kosten haben


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