Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 25

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Wir verhindern auf der einen Seite, daß die Menschen in der Arbeitswelt ihre sozialen Kontakte, ihre Beziehungsgeflechte leben können und sich auch ihren Selbstwert selbst miterarbeiten können, überlasten aber gleichzeitig jene, deren Zahl immer geringer wird, nämlich jene, die wir zu vollen Zeiten beschäftigen.

Das hat deswegen einen Zusammenhang mit der sogenannten Globalisierungsfalle, weil ich glaube, daß es ein Denkfehler wäre, anzunehmen, daß wir ihr dadurch entkommen, daß wir in irgendeine Richtung nivellieren, indem wir zum Beispiel – ich hoffe, das will niemand in diesem Hohen Haus – Lohn-, Sozial- oder Umweltdumping zu Mitteln machen, um Kostenreduktionen in unserem System zu erreichen. Wir würden uns damit auf einen Wettlauf einlassen, der nicht nur unsozial, nicht nur unvernünftig, sondern auch zerstörend für unsere eigene Leistungskraft wäre. Darüber hinaus könnten wir ihn gar nicht gewinnen, schon aufgrund des Lohngefälles. Schauen Sie sich unsere Löhne an und vergleichen Sie sie mit jenen der östlichen Nachbarn. Sie sehen Stufen von 1:10, 1:100 – aber im Nenner des Bruches, nicht im Zähler.

Wenn wir daher die Arbeitswelt verbessern wollen, dann müssen wir insbesondere auch den Umstieg zwischen selbständig und unselbständig ermöglichen. Das ist ein ganz wesentlicher Aspekt unseres Ansatzes im Rahmen der Reform zur Gewerbeordnung. Ich möchte das in den Schluß meiner Ausführungen hier ganz deutlich einbringen.

Wir wollen deswegen unter anderem auch eine wirkliche Liberalisierung des Gewerbezugangs, weil das die Voraussetzung ist, daß durchaus gut ausgebildete, aber nicht im Regelsinn einer Zukunftsordnung gut ausgebildete Leute die Chance bekommen, sich selbständig zu machen. Solange wir zünftlerische Zugänge haben, solange wir Besitzstand wahrende Zustände haben im Gewerbezulassungssystem, so lange werden wir diesen Umstieg eigentlich verunmöglichen.

Und wenn wir uns darüber hinaus auch noch – und das ist ein letztes Ceterum censeo in meiner heutigen Wortmeldung – nicht entschließen, von der Pflichtversicherung wegzugehen und zur Versicherungspflicht zu kommen, was auch ein wesentliches Element für den Umstieg zwischen selbständig und unselbständig ist, dann werden wir das Problem nicht lösen können, dann werden wir in unserem kleinen Kästchen sitzen bleiben, und immer mehr werden draußen vor der Tür stehen, dann werden wir nicht die Zweidrittel-, sondern dann werden wir bald die Vierviertel- oder irgendeine Gesellschaft haben, und die Armut wird steigen, und der Reichtum, der auch steigen wird, wird uns nichts nützen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Karl Öllinger. – Bitte sehr.

11.51

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mich wundert ja schon etwas der Mut, mit dem eine Regierungspartei diese Debatte führt unter dem Titel "Offensive Arbeitsmarktpolitik in Zeiten der Budgetkonsolidierung". Meine Damen und Herren vor allem von der Sozialdemokratischen Partei! Sie können sich in dieser Debatte um offensive Arbeitsmarktpolitik nicht darüber hinwegschwindeln, daß die Zahlen, die Sie nicht genannt haben, nicht so positiv sind. Sie können sich nicht darüber hinwegschwindeln, daß wir in Österreich eines der wenigen EU-Länder mit einer steigenden Arbeitslosenzahl sind, und das unterscheidet uns beispielsweise auch von Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit innerhalb der EU, wie etwa Spanien.

Österreich und die Bundesrepublik haben steigende Arbeitslosenzahlen. Und Sie können sich nicht auf die Schulter klopfen und sagen: Wir haben noch immer eine der niedrigsten Arbeitslosenraten!, denn Sie wissen genauso gut wie ich, daß diese Arbeitslosenraten in den nächsten Jahren steigen werden. Sie können sich nicht darüber hinwegschwindeln, daß wir in Österreich kein Beschäftigungsprogramm haben, daß Sie zwar angetreten sind mit Ihrer neuen Regierung vor einem Jahr und gesagt haben: Es werden Milliarden ausgegeben für Beschäftigungsprogramme!, aber noch immer kein Konzept dafür vorliegt außer dem Verweis auf die Straßen, die noch gebaut werden, auf die Kraftwerke, die noch gebaut werden müssen, und meinetwegen auch auf einige Tunnels, die gegraben werden müssen, damit Sie zu Ihrer Art von Beschäf


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite