entspricht rund 6 Prozent der Gesamtmenge der auf dem österreichischen Markt befindlichen Pflanzenöle. Um ein Vielfaches größer sind dagegen die Einfuhren von Ölkuchen und Preßrückständen von Soja, die hauptsächlich als Futtermittel dienen. Laut Statistik wurden 1994 davon rund 460 000 Tonnen importiert. Diese Ölkuchen und Preßrückstände werden zu eiweißhaltigem Schrot verarbeitet, der vornehmlich an Schweine und Geflügel verfüttert wird und so über diesen Umweg in die Lebensmittelkette gelangen kann.
Zahlreiche Mitglieder der Bundesregierung sowie die Spitzenkandidaten der Regierungsparteien zur EU-Wahl haben im Zuge des EU-Wahlkampfes eine fortschrittliche und auch mutige Umwelt- und Konsumentenschutzpolitik Österreichs in der EU versprochen. Vor allem im Bereich des Einsatzes der Gentechnologie in Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion wurden viele Versprechen gemacht, die auch nationale Alleingänge miteinschlossen.
Es geht nicht nur um die Glaubwürdigkeit österreichischer Qualitätspolitik in der EU, sondern es geht vor allem auch um die Glaubwürdigkeit österreichischer Politik vor der eigenen Bevölkerung.
Nicht nur, daß die gesundheitlichen und ökologischen Langzeitwirkungen und Risiken weiterhin ungeklärt sind, fordern rund 82 Prozent der österreichischen Bevölkerung laut Umfragen des Meinungsforschungsinstitutes Fessel, Wien, daß keine gentechnisch veränderten Lebensmittel auf den heimischen Markt kommen sollen. 94 Prozent der österreichischen und 95 Prozent der deutschen Bevölkerung fordern zudem die lückenlose Kennzeichnung gentechnisch veränderter Produkte, sollten diese doch auf den Markt gelangen. Auch der Großteil der Handelsketten hat sich – im Interesse der österreichischen Konsumenten und Konsumentinnen – gegen das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Lebensmitteln ausgesprochen.
Es besteht für die österreichische Bundesregierung die Möglichkeit und die Verpflichtung, im Interesse und zum Schutz der österreichischen Bevölkerung von Artikel 16 der Freisetzungsrichtlinie 90/220/EWG Gebrauch zu machen und den Import von gentechnisch verändertem Soja und Produkten, die gentechnisch verändertes Soja enthalten, zumindest vorübergehend zu unterbinden. Zudem würde eine derartige Entscheidung eine EU-weite Diskussion einleiten. Auch andere EU-Mitgliedstaaten erwägen derzeit ein derartiges Vorgehen nach Artikel 16 der Freisetzungsrichtlinie.
Artikel 16 der EU-Freisetzungsrichtlinie 90/220/EWG besagt:
"(1) Hat ein Mitgliedstaat berechtigten Grund zu der Annahme, daß ein Produkt, das nach dieser Richtlinie vorschriftsmäßig angemeldet wurde und für das eine schriftliche Zustimmung erteilt worden ist, eine Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellt, so kann er den Einsatz und/oder Verkauf dieses Produkts in seinem Gebiet vorübergehend einschränken oder verbieten. Er unterrichtet hiervon unter Angabe von Gründen unverzüglich die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten.
(2) Eine Entscheidung hierüber ergeht innerhalb von drei Monaten nach dem in Artikel 21 festgelegten Verfahren."
Die österreichische Bundesregierung hat nun die einmalige Chance, im Interesse der Umwelt und zum Schutz der Gesundheit der österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten aktiv tätig zu werden und dadurch auch wieder Vertrauen in die Handlungsfähigkeit österreichischer Politik zu wecken. Es wird jetzt zu ermessen sein, ob die Bundesregierung und insbesondere die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz den Willen und die Ängste der überwältigenden Mehrheit der österreichischen Bevölkerung bezüglich Gentechnik ernst nimmt oder den Interessen einiger multinationaler Konzerne in die Hände spielt.
Da gentechnisch verändertes Soja und Produkte, die gentechnisch verändertes Soja beinhalten, aller Voraussicht nach im November beziehungsweise Dezember 1996 ungekennzeichnet auf den Markt gelangen werden, wenn nicht raschest von Artikel 16 der Freisetzungsrichtlinie 90/220/EWG Gebrauch gemacht wird, stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Gesundheit und Konsumentenschutz folgende