Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 82

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Jetzt stehen wir vor der Situation, daß diese gentechnisch veränderten Sojabohnen ungekennzeichnet auf die Märkte kommen sollen und in zahlreichen Produkten enthalten sein werden: in Fetten, in Ölen, in Süßspeisen, in Brotaufstrichen – und vor allem in vielen Produkten zur Tierfütterung. Ungekennzeichnet, ohne Information der Konsumentinnen und Konsumenten!

Frau Bundesministerin! Dazu kommt eine Vorgangsweise im Ausschuß, die uns wirklich zu denken gibt. Sie wissen, wir waren hier zu Kompromissen bereit. Wir hätten ohne weiteres dem zugestimmt, alle offenen Fragen in einem Unterausschuß zu diskutieren – allerdings mit Ausnahme dieser Frage, die wir heute als Dringliche eingebracht haben, nämlich der Frage: Bricht die Bundesregierung, brechen auch Sie, Frau Bundesministerin, das Versprechen an die österreichische Bevölkerung, solche gentechnisch veränderten Nahrungsmittel nicht zuzulassen oder zumindest dafür Sorge zu tragen, daß jedes Produkt gekennzeichnet sein muß?

Frau Bundesministerin! Das ist eine politische Frage. Dem haben Sie schon einmal in einer Debatte in diesem Hohen Haus zugestimmt. Das ist keine naturwissenschaftliche Frage. Sie wissen ja, wie verschieden die Argumente in der Wissenschaft heute sind. Sie wissen auch, wie mächtige, wie finanzkräftige Lobbies diesbezüglich Druck machen.

So gibt es auch Argumente eines Teils der Wissenschaft, der diese Technologie – auch in der Landwirtschaft, auch in der Nahrungsmittelproduktion – als unbedenklich einstuft. Aber Sie wissen genausogut wie wir Frau Bundesministerin, daß es ganz gravierende Argumente gibt, seriöse und sachliche Argumente, die auf ein riesengroßes Gefahrenpotential hinweisen. – Frau Bundesministerin, Sie sind jene Person in der Bundesregierung, die es in der Hand hat, aus diesen Argumenten der Kritikerinnen und Kritiker jetzt eine politische Strategie zu machen. Sie haben das Instrument des Artikels 16 der EU-Freisetzungsrichtlinie in der Hand. Wir fragen Sie heute nur: Werden Sie dieses Instrument einsetzen – ja oder der nein?

Diese Freisetzungsrichtlinie verlangt nicht die Sicherheit, daß ein Produkt schädlich ist. Das wäre ja noch schöner, wenn man beweisen müßte, daß etwas sicherlich gefährlich, lebensbedrohlich oder ökologisch zerstörend ist. Nein: Diese Richtlinie verlangt in ihrem Artikel 16 einen berechtigten Grund zur Annahme, daß ein gentechnisch verändertes Produkt eine Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt darstellt. Und dann sind Sie berechtigt, dann sind Sie meiner Meinung nach sogar verpflichtet, Frau Bundesministerin, dieses Instrument auch einzusetzen.

Frau Bundesministerin! Jene wirtschaftlichen Kräfte, die in Richtung Zulassung, in Richtung Außerachtlassung der Vorsicht Druck machen, sind mächtig, sind finanzstark. Sie sind Ministerin für den Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten. Wenn es berechtigte Bedenken gibt, dann müssen Sie handeln, Frau Bundesministerin! (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt hier ganz neue Argumente, und diese sind nicht entkräftet worden: nicht auf EU-Ebene und nicht in Österreich. Es ist nicht getestet worden, ob diese herbizidresistent gemachten Sojabohnen, was die Firma behauptet – der Konzern MONSANTO, man soll da auch Namen nennen –, wirklich identisch, wirklich gleich sind.

Man ist nicht auf die Frage eingegangen, ob dieses Herbizid, ein Totalherbizid, gegen das die Pflanze resistent gemacht wird, wirklich völlig abgebaut wird. Man hat überhaupt keine derartigen Tests gemacht. Man hat mit nichtbehandelten Sojabohnen, die nur resistent gemacht wurden, dann aber nicht mit dem Herbizid behandelt wurden, Tests durchgeführt. Diese Tests sind ungültig, sie sind irrelevant. Die Testung war mangelhaft!

Wir wissen, daß die Herbizidresistenz und der Einsatz des Herbizids den Stoffwechsel der Pflanze nachhaltig beeinflussen können. Das ist bei anderen Pflanzen mit anderen Herbiziden bereits passiert. Das sind keine Vermutungen, sondern das ist Realität, Frau Bundesministerin! Da gibt es keine Zweifel.

Wir wissen, daß die Befürworterinnen und Befürworter dieser Technologie mehrfach die Unwahrheit gesagt, mehrfach geirrt haben.


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