Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 87

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Österreich unterstützt vorbehaltlos alle vom Europäischen Parlament zur Novel-food-Verordnung vorgebrachten Änderungsvorschläge und setzt sich auch bei den Beratungen des Vermittlungsausschusses dafür ein, daß diese Änderungen vom Rat möglichst unverändert übernommen werden. Darüber hinaus habe ich an die Gesundheitsminister von Deutschland, Frankreich, Irland, Luxemburg und den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich die dringende Bitte gerichtet, den österreichischen Standpunkt zu unterstützen. Derzeit wird, wie Sie wissen, die Novel-food-Verordnung im Vermittlungsausschuß weiterverhandelt.

Angesichts der Verzögerungen bei der Umsetzung einer EU-weiten Kennzeichnungsregelung gab ich im Frühsommer dieses Jahres den Auftrag zur Ausarbeitung von zwei Verordnungen betreffend die Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln und Agrarprodukten. Ich erachte es nämlich als gesundheits- und konsumentenpolitischen Auftrag, österreichischen Verbrauchern beim täglichen Einkauf die Möglichkeit zu geben, sich als mündige Konsumentinnen und Konsumenten für oder gegen gentechnisch veränderte Lebensmittel zu entscheiden. Eine ausreichende Kennzeichnung aller in Österreich zum Verkauf angebotenen gentechnisch veränderten Lebensmittel und Agrarprodukte ist eine unerläßliche Voraussetzung für die freie Wahlmöglichkeit der Verbraucher.

Positiv hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang die Aktivitäten vieler österreichischer, aber auch ausländischer Lebensmittelhersteller und Handelsbetriebe, die unseren Vorschlägen gefolgt sind und sich zur freiwilligen Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln bereit erklärt haben beziehungsweise von ihren Vorlieferanten die Lieferung von ausschließlich gekennzeichneten oder überhaupt gentechnikfreien Produkten fordern.

Neben der Politik einer umfassenden Kennzeichnung von Gentechnik-Erzeugnissen möchte ich an dieser Stelle zum Importverbot für gentechnisch veränderte Organismen gemäß Artikel 16 Freisetzungsrichtlinie 90/220 Stellung beziehen:

Ein Importverbot seitens eines EU-Mitgliedstaates kann generell dann ausgesprochen werden, wenn berechtigter Grund zur Annahme besteht, daß ein gentechnisch verändertes Produkt, das gemäß dem EU-Zulassungsverfahren europaweit zugelassen wurde, eine Gefahr für die menschliche Gesundheit und Umwelt darstellt. Um ein solches Importverbot durchsetzen zu können, müssen jedoch Erkenntnisse gegeben sein, die bei der Sicherheitsbeurteilung im Rahmen des ursprünglichen Zulassungsverfahrens noch nicht vorgelegen sind.

Sollte der begründete Verdacht entstehen, daß gentechnisch veränderte Erzeugnisse eine Gefahr für die Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher oder die heimische Umwelt darstellen, werde ich keinen Augenblick zögern, ein solches Importverbot auszusprechen. Die politische Entscheidung für oder gegen ein Importverbot kann und wird sich daher immer am Einzelfall orientieren.

Bei der aktuellen Diskussion um die Einfuhr gentechnisch veränderter Sojabohnen liegen derzeit keine Erkenntnisse vor, die bei der Sicherheitsbeurteilung im Rahmen des ursprünglichen Zulassungsverfahrens noch nicht vorlagen und daher ein Importverbot gemäß Artikel 16 rechtfertigen könnten.

Umso wichtiger wird daher eine umfassende und rasche Umsetzung der Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Meine nächsten konkreten Vorhaben im Bereich der Gentechnikpolitik könnten wie folgt umrissen werden:

Erstens: die Durchführung einer breit angelegten Informationsoffensive mit dem Ziel, den subjektiven Informationsstand über die Gentechnologie und deren Auswirkungen bei der österreichischen Bevölkerung zu heben.

Zweitens: Ich werde beide Verordnungen zur Kennzeichnungspflicht von gentechnisch veränderten Produkten unterschreiben und an die beiden zuständigen Minister Farnleitner und Bartenstein übermitteln, und ich fordere die ÖVP-Minister hiemit im Interesse der Konsumentinnen und


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