Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 110

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Chemiekonzerne wie Ciba Geigy präsentieren und verkaufen momentan das Saatgut. Ein Bauer kann heute sein Saatgut, standortgerechte Sorten, nicht mehr selbst produzieren und verkaufen. Das ist verboten, denn es darf nur Saatgut angeboten werden, das vorher von der Saatgut-Kommission genehmigt worden ist. Diese Genehmigung kostet Hunderttausende Schilling, das heißt, die Konzerne haben in diesem Punkt bereits die völlige Macht.

Es muß Ihnen wirklich klar sein: Sie haben mit dem Beitritt zur Europäischen Union die Möglichkeit aufgegeben, die österreichische Bevölkerung vor genmanipulierten Lebensmitteln zu schützen. Die Frau Ministerin handelt voll auf der gesetzlichen Basis des Maastricht-Vertrages, das muß Ihnen klar sein, und Sie alle waren dafür. Also verabschieden Sie sich jetzt nicht von der Verantwortung! Sie sind letztlich dafür verantwortlich, daß die österreichische Bevölkerung derart verunsichert und die Glaubwürdigkeit der Politiker schwerst geschädigt ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Salzl. Er hat das Wort.

17.43

Abgeordneter Dr. Stefan Salzl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Dringliche Anfrage der Grünen zeigt, daß man nicht dadurch Probleme löst, indem man sie einfach ignoriert. Seit Jahren hätte man eine ehrliche Diskussion über Biotechnologie, Gentechnik und Genmanipulationen führen müssen. Dabei hätten Wissenschaft und Forschung die Fakten liefern müssen, und Aufgabe der Politik wäre es gewesen, die Bevölkerung zu informieren und die notwendigen gesetzlichen Weichenstellungen vorzunehmen.

Genau diese ehrliche Diskussion, meine sehr geehrten Damen und Herren, über die Vorteile, aber auch über die Risken der Gentechnik zu führen, wurde verabsäumt. Es gibt viele Bereiche, vor allem in der Medizin, wo die Gentechnik aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken ist, ja geradezu lebensnotwendig geworden ist, wie etwa zum Beispiel bei der Insulinproduktion.

Früher wurden aus Bauchspeicheldrüsen von zirka 100 000 Schlachttieren lediglich etwa 500 Gramm Insulin gewonnen, noch dazu in sehr unterschiedlicher Qualität und mit sehr unterschiedlichem Wirkungsgrad. Heute wird dieses Insulin in der benötigten ausreichenden Menge gentechnisch im Genlabor hergestellt, und zwar in höchster Reinheit und höchster Qualität.

Ähnlich verhält es sich auch beim Hormon EPO, das für die Bildung der roten Blutkörperchen notwendig ist. Hier waren ebenfalls Tausende von Litern menschlichen Harns notwendig, um einige Tausendstel Gramm dieses Hormons herzustellen. Heute wird dieses Hormon in der benötigten Menge aus gentechnisch veränderten Mäusezellen hergestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt also, wie ich hier angeführt habe, Bereiche, vor allem in der Medizin, wo die Gentechnik sicherlich ihre Bedeutung hat und wo auch zwei Drittel der Bevölkerung dies akzeptieren, ja sogar begrüßen. So erwarten sich etwa zwei Drittel der Bevölkerung Verbesserungen durch die Gentechnik im Bereich der Medizin, vor allem im Bereich der Medikamentenproduktion; es werden bereits über 100 Medikamente gentechnisch produziert. Auch in Bereichen der Diagnostik erwartet sich die Bevölkerung Fortschritte, wie etwa beim HIV-Test, wodurch erst eine Früherkennung von Aids möglich geworden ist. Aber auch in der Krebsbekämpfung und vor allem auch im Bereich der Transplantationsmedizin wird es zu wesentlichen Änderungen und zur Lösung vieler Probleme durch die Genforschung kommen.

Während also die Genforschung im Bereich der Medizin ziemlich außer Streit steht und auch als notwendig erachtet wird, wird sie im Bereich der Lebensmittelproduktion vielfach abgelehnt. Umfragen des Meinungsforschungsinstituts ÖKONSULT haben ergeben, daß rund 80 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher keine gentechnisch veränderten Lebensmittel kaufen oder gar essen wollen.


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