Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 44

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Im Bereich der anderen Steuern – es ist mir wesentlich, das festzuhalten – verweist die Wifo-Studie darauf, daß etwa im Bereich der Kapitalertragsteuer auf distributive Prinzipien verzichtet wurde. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Herr Bundesminister! Es wäre doch wesentlich sinnvoller gewesen, nicht nur die Kapitalertragsteuer auf 25 Prozent anzuheben, sondern mit Ihrer Zweidrittelmehrheit, die Sie ja jetzt haben, auf 30 Prozent und statt dessen dort Ausnahmen zu machen, wo es für einkommensschwache Gruppen im Bereich der Kapitalertragsteuer tatsächlich eine Belastung gibt. Es sollten distributive Prinzipien zur Geltung gebracht und jene Personengruppen bei der Kapitalertragsteuer entlastet werden, die tatsächlich nicht mehr haben als ein kleines Sparbuch bei der Bank. Das wäre doch eine Möglichkeit gewesen. Da könnten Sie etwas mehr Steuergerechtigkeit schaffen, denn die Kapitalertragsteuer in Höhe von 25 Prozent schafft sie nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Ein anderes Beispiel im Bereich der anderen Steuern. Sie haben im Zusammenhang mit den Steuerreformen – und das habe ich schon bei der Anfrage an Sie, Herr Bundesminister, erwähnt – die Vermögensteuer für Privatvermögen abgeschafft und – wie das Wifo feststellt – dadurch den Progressionsgrad des Steuer- und Abgabensystems insgesamt geschwächt. Gleichzeitig ist durch die Abschaffung der Vermögensteuer eine Benachteiligung des Realkapitals erreicht worden. Das Realkapital unterliegt weiter der Erbschaftssteuer, und dadurch werden Investitionen in Finanzanlagen – also genau in jene Bereiche, die wir nicht unbedingt mit dem Steuersystem auch noch fördern wollen – gefördert. Wir wollen eher Investitionen in Realkapital fördern. Genau in diesem Punkt – bei der Vermögensteuer, bei der Nichtneuregelung der Erbschafts- und Schenkungssteuern – geht das Steuersystem in die falsche Richtung.

Ich verweise nur auf das – Herr Abgeordneter Nowotny, vielleicht ist Ihre Rede deswegen so kurz ausgefallen –, was Sie, Herr Abgeordneter Nowotny, im Zusammenhang mit der Steuerreform 1994 gesagt haben. Laut "Presse" vom 13. September 1993 sagte Abgeordneter Nowotny: "Es ist für uns völlig klar, daß im Parlament die Steuerreform nicht beschlossen werden kann ohne eine politisch verbindliche Erklärung, was mit der Erbschaftssteuer geschieht."

Herr Abgeordneter Nowotny! Ich warte auf die politisch verbindliche Erklärung seit drei Jahren, und mit mir warten nicht nur einige grüne Abgeordnete hier in diesem Haus, sondern sehr viele Menschen in diesem Land, in Ihrer Partei darauf, daß dieser Bereich endlich geregelt wird, daß endlich klargestellt wird, daß die Entlastungen, die Sie mit der Steuerreform 1993 geschaffen haben, eine entsprechende Korrektur erfahren.

Ich denke, wir sollten uns dazu bekennen, daß Vermögen besteuert werden sollen, daß private Vermögen ebenfalls distributiv besteuert werden sollen, das heißt mit den entsprechenden Ausnahmen für diejenigen, die nur ein Eigenheim oder eine Eigentumswohnung oder sonst einen kleinen Besitz haben. Österreich ist bei der Vermögensbesteuerung das Schlußlicht innerhalb der OECD-Staaten. Es gibt keinen Grund, Kollege Koppler, darauf stolz zu sein.

Ich fordere in diesem Zusammenhang, wenn es um die Vermögen und den Wegfall der Vermögensteuer hier in Österreich geht, daß man endlich, wenn man so einen Bericht erstellt (der Redner hält den Wifo-Bericht in die Höhe) , auch den Reichtum in Österreich thematisiert.

Es geht nicht an, daß der Finanzminister – es war damals Finanzminister Lacina – einem Wirtschaftsmagazin gegenüber – "trend", auch im Jahre 1993 – erklären kann: "Über die Vermögen in diesem Land weiß ich als Finanzminister nicht Bescheid. Da gibt es politische Widerstände, die Vermögenssituation in diesem Land konkret zu erfassen."

Meine Damen und Herren! Das hat der Finanzminister gesagt: Ich weiß eigentlich nicht, wer tatsächlich wie reich ist in diesem Land. Da kann ich nichts machen. – Das ist eine Bankrotterklärung einer Regierung und einer politisch verantwortlichen Partei oder von Koalitionsparteien, die für diese Situation die Verantwortung tragen (Beifall bei den Grünen), wenn sie sagen müssen, daß sie eigentlich nicht wissen, was mit dem Reichtum in diesem Land los ist.

Es ist eine Forderung auch der Armutsbewegung und der Armutskonferenzen in diesem Land, daß endlich nicht nur die Armut thematisiert wird, die sich in den Winkeln in diesem Land ver


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