Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 29

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diesbezügliche Modelle zu entwickeln, Kooperationsmodelle, die praxisgerecht sind. (Beifall bei der SPÖ.)

11.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spindelegger. Er hat das Wort.

11.37

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sollten am Beginn einer solchen Diskussion zunächst drei Tatsachen ins Auge blicken.

Tatsache eins: Familien mit mehreren Kindern geraten in Österreich zunehmend in materielle Probleme.

Vergegenwärtigen wir uns die Zahlen: Wenn es schon 100 000 Familien sind, die an die Armutsgrenze geraten, so ist dies, würde ich sagen, Österreichs nicht würdig.

Tatsache zwei: Heute wurde gefragt, ob wir wollen, daß die Frauen wieder an den Herd zurückgedrängt werden. (Abg. Parnigoni: Sagen Sie einfach ja!) Tatsache ist doch, daß Familien mit mehreren Kindern tendenziell dazu neigen müssen, daß ein Ehepartner zu Hause bleibt. (Abg. Dr. Mertel: Welcher?) Meine Damen und Herren! Wie anders soll jemand, der mehr als zwei Kinder hat, gewährleisten, daß die Erziehung und die Betreuung seiner Kinder wirklich ordentlich sind, so wie er sich eine Familie vorstellt? (Beifall bei der ÖVP.)

Tatsache drei: Wer heute als Alleinverdiener einer Mehrkinderfamilie eine solche erhalten soll, muß sich gut überlegen, wie er mit einem Familieneinkommen bei etwa drei Kindern auskommen soll.

Aufgrund dieser Tatsachen glaube ich, daß man ein Instrument entwickeln muß. Und dieses Instrument unterscheidet sich unserer Ansicht nach von Ihren Instrumenten. Denn wir sehen Familienpolitik nicht als einen Teil der Sozialpolitik. Wir sehen Familienpolitik als Ausgleich zwischen jenen, die Kinder haben, und jenen, die keine Kinder haben, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Genau so ist es!)

Unser Modell lautet daher: Es soll ein steuerfreies Existenzminimum für jedes Familienmitglied geben. Ich glaube, daß das ein sehr gerechter horizontaler Ausgleich wäre, wie er durchaus auch durch den Verfassungsgerichtshof in seinem bisherigen Erkenntnis, aber auch – wie wir hören – in seinem zukünftigen Erkenntnis angedeutet wird. Alles andere – das sage ich dazu – wäre auch ein Bruch unserer Verfassung, mit dem wir nicht einverstanden sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte noch etwas aus der Studie bringen, die Sie selbst immer zitieren. Sie sagen: Das heutige System bevorzugt die Reichen. Ich möchte aus dieser Studie des Wifo zitieren, die klar ergibt, daß es diesen vertikalen Ausgleich, den Sie ja haben wollen, in Wirklichkeit schon gibt.

Es heißt in dieser Studie: Das obere Einkommensdrittel der Gesamtbevölkerung bezahlt 68,7 Prozent in den Familienlastenausgleichsfonds, aber nur 42 Prozent der Leistungen des Familienlastenausgleichsfonds werden dieser Gruppe zugewiesen.

Schaue ich mir das untere Einkommensdrittel an, zeigt sich: 5,6 Prozent der Einzahlungen in den Familienlastenausgleichsfonds, 18,6 Prozent der Auszahlungen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) – Das ist ein vertikaler Ausgleich, meine Damen und Herren, Sie haben ihn heute ... (Abg. Dr. Nowotny: Und was ist die Schlußfolgerung?) Ich komme schon zu meiner Schlußfolgerung, Herr Abgeordneter Nowotny, ich hoffe, Sie können sich gedulden.

Unsere Antwort darauf lautet daher: Wir wollen in Zukunft einen horizontalen Ausgleich (Abg. Dr. Mertel: Er existiert! Er ist laut Studie da!) , der ein Existenzminimum für jedes Familienmitglied


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