Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 69

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Um dieses Thema ging es nämlich schon damals, 1867. Und für mich ist es erstaunlich, daß die Rechtswissenschaftler schon damals genau diese Meinung vertreten haben: Da gibt es nichts, was der Staat zu regeln hat – absolut nichts!

Dort, wo es um Schutzbestimmungen und um den Schutz von Kindern und Jugendlichen geht – das ist heute schon mehrmals gesagt worden –, gibt es im Strafgesetz andere Normen, die den Schutz vor Mißbrauch gewährleisten. Aber wir brauchen keine Regelung, die ein Liebesverhältnis oder Liebesbeziehungen unter Menschen in irgendeiner Weise einschränkt.

Herr Kollege Krüger! Wenn Sie heute, sozusagen fünf vor zwölf, einen Antrag der Freiheitlichen präsentieren und ihn dann auch noch als Kompromiß darstellen, dann frage ich mich, was Sie sich allein bei der Wortwahl gedacht haben. Denn: Worin besteht denn dieser Kompromiß, wenn in Ihrem Antrag weder die Ungleichheit noch die Diskriminierung beseitigt wird? – Beides wird weiter aufrechterhalten. Auch wenn Sie von 18 Jahren auf 16 Jahre für Männer in ihren gleichgeschlechtlichen Liebesbeziehungen zurückgehen, ist noch immer die Ungleichheit zu Frauen und zu den heterosexuellen Beziehungen gegeben, und auch die Diskriminierung ist weiter vorhanden. Das ist kein Kompromiß! Das ist nur der Versuch, sozusagen machtpolitisch hier irgendwie zu lavieren.

Würden Sie es mit Ihrem Ansinnen wirklich ernst meinen und sagen, da hat der Staat nichts zu regeln, da hat der Staat nichts zu bestimmen, dann könnten Sie ja wohl dem gemeinsamen Antrag der SPÖ, der Grünen und Liberalen zustimmen und müßten hier nicht noch im letzten Augenblick eine solche Sonderkonstruktion einbringen. (Abg. Scheibner: Das ist überhaupt keine Sonderkonstruktion!) Na schon, denn sie beseitigt weder Ungleichheit noch Diskriminierung (Abg. Scheibner: Das ist eine sinnvolle Differenzierung!) , und das ist ja ein wesentliches Faktum! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Graf: Sie erfassen nicht, daß hier differenziert wird!)

Ich weiß schon, daß Sie natürlich davon ausgehen, daß ein Teil der Jugendlichen damit erfaßt ist, nämlich jener Teil, der älter als 16 oder gerade 16 Jahre alt ist. Aber es ist eben nur ein Teil, und – noch einmal: – das beseitigt nicht den Zustand, den wir haben, das beseitigt nicht die Situation, daß Menschen aufgrund ihrer sexuellen Neigung diskriminiert werden. (Abg. Scheibner: Das ist ja nicht wahr! Es geht um den Schutz von Jugendlichen!)

Wenn wir schon dabei sind: Da ist noch etwas, was mich wundert. Außenminister Schüssel hat erst vor kurzem, nämlich Anfang Oktober, gemeinsam mit Italien eine Initiative präsentiert, in der es um einen Grundrechtskatalog (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) – ich brauche mit meiner Rede ein bißchen länger – der Menschenrechte geht. Besonders hervorgehoben wird in diesem Grundrechtskatalog, der schon vorhanden ist und jetzt auch als österreichisch-italienische Initiative in die Europäische Union hineingetragen werden soll, daß es keine Diskriminierung geben kann und darf aufgrund der Rasse, aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Geschlechts und unter anderem auch aufgrund der sexuellen Neigung.

Wenn aber Außenminister und ÖVP-Parteiobmann Schüssel das ernst meint und sogar als Initiative in die Europäische Union einbringt, wo bleibt denn dann bitte, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, Ihre Initiative hier im Haus, wo bleibt denn dann Ihre Überzeugung? Ist Ihre Überzeugung irgendwie gespalten zwischen den Entscheidungen hier im Haus und jenen auf der europäischen Ebene? Wie sollen wir diese Initiative interpretieren? Hat Minister Schüssel nicht gewußt, was er da gemeinsam mit Italien initiiert und für die Europäische Union vorbereitet?

Der Jugendschutz ist geregelt. Der Jugendschutz ist im Strafgesetz ausreichend geregelt und braucht keine weiteren Definitionen und Regelungen. Es ist höchst an der Zeit – wir sind wirklich das Schlußlicht in Europa –, daß das abgeschafft wird.

Noch einmal: Schauen Sie sich das an! Schauen Sie sich bitte die Initiative an, Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, die Ihr Parteiobmann auf der europäischen Ebene einbringt und vorbringt. Und dann frage ich Sie, wie Sie es verantworten können, daß Sie heute hier in diesem


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