Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 47. Sitzung / Seite 74

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Entscheidend ist die rechtspolitische Bedeutung. Sogar bei der letzten Strafrechtsreform unter dem damaligen Minister Broda wurde diese Bedeutung seinerzeit bestätigt und eine entsprechende Regelung beschlossen. Dazu kommt eine wichtige generalpräventive Wirkung.

Meine geschätzten Damen und Herren von der Sozialistischen Partei! Wenn man draußen in den Gemeinden mit den Bürgern, auch mit durchaus ernst zu nehmenden Mitgliedern und Funktionären Ihrer Partei, über dieses Thema spricht, dann merkt man, daß viele nicht verstehen können und auch nicht glauben wollen, daß gerade Ihre Partei das Schutzalter auf 14 Jahre senken will.

Auch die Ausführungen der Frau Kollegin Gabriele Binder, die als Familiensprecherin der SPÖ und als Vertreterin einer Kinderorganisation gestern dazu Stellung genommen hat, waren meiner Ansicht nach sehr unseriös. Es wurde dabei nämlich das Mindestalter für Homosexuelle mit dem Thema Kinderschutz vermischt und in der Folge festgestellt, daß freiwillige Handlungen zwischen zwei jungen Menschen nicht kriminalisiert werden dürfen. – Wer den derzeitigen gesetzlichen Schutz abschaffen will, soll sich dazu bekennen, aber nicht versuchen, Fakten zu verdrehen oder zu verniedlichen.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, daß Sie in dieser Frage sehr verantwortungsbewußt entscheiden werden und sowohl die gesellschaftspolitischen Weichenstellungen als auch die realen Konsequenzen für unsere Jugendlichen über einzelne Parteiinteressen hinweg gebührend im Auge behalten werden.

Wir sind überzeugt davon, daß die Beibehaltung der strafrechtlichen Bestimmungen nicht nur dem Willen, sondern auch dem Wohl der Bevölkerung in ganz Österreich entspricht! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.59

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Redezeit: 20 Minuten.

14.59

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die heutige Debatte ist – so hoffe ich wenigstens – von ausschlaggebender Bedeutung für die Meinungsbildung jener Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus, die jetzt ihre Redlichkeit unter Beweis stellen können. Einige dieser Kolleginnen und Kollegen waren tatsächlich – ich weiß das aus vielen Gesprächen – in ihrem Inneren unsicher, wie sie sich in diesem Fall entscheiden sollen. Ich hoffe, daß sie sich dessen bewußt sind, daß es bei der Wahrnehmung eines politischen Mandates nicht immer oder ausschließlich – eigentlich sollte das der seltenere Fall sein – darauf ankommt, wie sich die Fraktion positioniert hat, sondern wie man sich persönlich positioniert.

Wenn unser Mandat in diesem Haus eine Rechtfertigung hat, dann liegt diese auch darin, daß wir unserem Gewissen und selbstverständlich auch der Republik Österreich verpflichtet sind, aber daß zwischen unserem Gewissen und der Republik Österreich keine taktischen Fraktionsinteressen stehen dürfen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Aus meiner Sicht und aus Sicht der Liberalen insgesamt geht es auch nicht, daß wir in dem Themenfeld, das mich hier vordergründig interessiert – es stehen ja andere Materien auch noch auf der Tagesordnung, denen ich mich nicht zuwenden werde –, das Strafgesetzbuch zwischen Menschen stellen, die sich in Zuneigung verbunden fühlen.

Es ist nicht Aufgabe des Strafgesetzgebers, Regeln aufzustellen, die die Zuneigung zwischen Menschen dann, wenn sie sich in körperlicher Nähe ausdrückt, unter Strafe stellen.

Es wird da, so glaube ich, teilweise eine Sprachverwirrung betrieben. Wenn vom Schutz und vom Schutzalter gesprochen wird, dann wird die sprachliche Unschärfe evident. Das wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, wie es im vorliegenden Fall ist.


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