Und ein zweites Beispiel: Integration braucht optimale Rahmenbedingungen; die Kollegin von der Freiheitlichen Partei hat bereits darauf hingewiesen. Integration darf nicht erschwert oder gar unmöglich gemacht werden, indem eine zu hohe Zahl von zu integrierenden Kindern in diese Klasse festgelegt wird. Dadurch werden nicht nur engagierte Lehrer und Lehrerinnen überfordert, sondern es wird unter Umständen eine ganze Klasse überfordert.
Bisher hat es in den Gesetzen für den Grundschulbereich eine – wie ich glaube – sehr gute Regelung gegeben. Dort hieß es, in der Regel soll die Anzahl von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in einer Klasse vier Kinder nicht übersteigen. Und nicht nur, daß diese bewährte Regelung in die vorliegenden Gesetze nicht aufgenommen wurde, es wurde auch die Situation an den Volksschulen verschlechtert. Wenn es jetzt heißt, daß in Klassen, in denen integrativer Unterricht stattfindet, im Durchschnitt mindestens fünf Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu unterrichten sind, dann bedeutet das eigentlich eine Verschlechterung.
Bisher wurde eine Obergrenze von vier Kindern empfohlen, nun wird eine durchschnittliche Mindestanzahl von fünf Kindern verordnet. Das steht für uns in einem eklatanten Widerspruch zu allen bisherigen Erfahrungen und Empfehlungen für eine sinnvolle und menschenwürdige Integration. Das ist vor allem ein deutliches Signal an die Eltern und an die Kinder, ein Signal, das nichts anderes heißt als: In Wirklichkeit wollen wir euch gar nicht in den Sekundarschulen, und wir sind auch gar nicht bereit, euch jene Rahmenbedingungen zu gewähren, die Voraussetzung für ein Funktionieren der Integration sind.
Meine Damen und Herren! Auch diese Regelung können wir Liberale nicht anders als diskriminierend bezeichnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Ein drittes Beispiel für die diskrimierende Tendenz dieser Gesetze: In § 43 Abs. 1a findet sich die Regelung, daß die Führung von Integrationsklassen – ich zitiere – "kein Grund für die Überschreitung von Klassenschülerhöchstzahlen gemäß Abs. 1 sein darf". Es ist nicht einzusehen und schon gar nicht unbillig, wie es in der Begründung dieses Gesetzes heißt, daß Integration nicht ein zumindest gleich guter Grund sein kann für die Überschreitung von Klassenschülerhöchstzahlen, wie es eben andere, bereits jetzt in Anwendung befindliche Gründe sind, die sich zum Beispiel aus organisatorischen Überlegungen ergeben.
Der wirkliche Grund für diese Regelung ist wieder derselbe, und er steht ganz deutlich, wenn auch unausgesprochen dahinter: Wenn sich Integration schon nicht vermeiden läßt, dann sollten wenigstens keine Rücksichten eingefordert werden. Wenn sich diese Integration schon nicht vermeiden läßt, dann sollten alle daraus resultierenden Probleme gefälligst auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen werden.
Das ist für mich die Botschaft dieser Regelung, das ist aber keine Botschaft einer humanen, einen menschenwürdigen Integration. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe hier nur drei Beispiele genannt, weil sie die Situation besonders deutlich machen, aber auch an einigen weiteren Beispielen ließe sich dieser versteckte Ausgrenzungsgedanke deutlich machen. Wir haben deshalb eine Reihe von Abänderungsanträgen eingebracht. Ein Teil dieser Anträge wird Ihnen schriftlich vorliegen. Ein weiterer Antrag dazu wird in der Folge von meinem Kollegen Volker Kier eingebracht werden, und ich bitte Sie um Unterstützung dieser Anträge.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme jetzt zu einem weiteren Bereich, einem Bereich, der nicht nur in den Medien diskutiert wird, sondern der vor allem den Schulalltag beherrscht, der trotz nachweislicher pädagogischer Sinnlosigkeit, trotz all dem damit verbundenen Schülerleid, trotz der damit verbundenen hohen Kosten für die Eltern und für die öffentliche Hand immer noch nicht geregelt werden konnte: Ich spreche hier von der für Österreich beschämenden Repetentenquote, die im europäischen Vergleich eine traurige und einsame Spitze darstellt.