Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 48. Sitzung / Seite 109

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Er hat das Wort.

15.35

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat bereits darauf hingewiesen, daß die Haltung der österreichischen Bundesregierung völlig klar und unverändert ist und daß Österreich natürlich in den Beratungen zur Regierungskonferenz einen langfristigen Ausstieg aus der Kernenergie fordern wird.

Es stellt sich aber die Frage – berechtigterweise –: Mit welchen Mitteln ist diese Zielsetzung am besten erreichbar? Wir sind gemeinsam zur Auffassung gelangt, daß auch aufgrund der Sichtweise vieler anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union der EURATOM-Vertrag in vielen Bereichen totes Recht ist und daß es daher vernünftiger ist, den langfristigen Ausstieg aus der Kernenergie über eine Veränderung des EU-Vertrages zu erreichen, und da im besonderen über das Umweltkapitel.

Konsequenterweise hat die österreichische Bundesregierung daher in ihrer Stellungnahme zur Regierungskonferenz auch einen Vorschlag unterbreitet.

Es wäre wahrscheinlich falsch, eine Reform von EURATOM zu fordern und damit totes Recht wiederzubeleben, weil man damit andere EU-Staaten auf den Plan ruft, die ganz prominente und prononcierte Befürworter der friedlichen Nutzung der Kernenergie sind. Das heißt, der Weg geht über das Umweltkapitel des EU-Vertrages.

Und nun hat sich das Europäische Parlament mit einer Revision des Umweltrahmenprogramms auseinandergesetzt. Diese Revision des Umweltrahmenprogramms gibt natürlich eine ausgezeichnete Möglichkeit, diese Frage des Ausstiegs aus der Kernenergie zu verankern und zu monieren.

Es hat auf Basis eines Antrags der Grünen im Ausschuß einen Ausschußbeschluß im Europäischen Parlament gegeben, der dort dann im Plenum zur Abstimmung gekommen ist. Und dieser Abänderungsantrag, der dort vorgeschlagen wurde, entspricht exakt den Intentionen der österreichischen Anti-Atompolitik.

Man muß aber auch dazusagen, daß das Verfahren, im Rahmen dessen diese Auseinandersetzung des Europäischen Parlaments stattfindet, das sogenannte Mitentscheidungsverfahren ist – die stärkste Waffe, die das Europäische Parlament besitzt.

Hätte das Europäische Parlament diesen Antrag, wie vorgeschlagen, beschlossen, wäre diese Stellungnahme an den Rat gegangen; damit hätte man im Rat die österreichische Position vehement gestärkt und uns zusätzliche Möglichkeiten gegeben, die wir jetzt leider aufgrund des Abstimmungsverhaltens einzelner Kollegen nicht haben werden. Durch diese Nichtbeschlußfassung im Europäischen Parlament ist in der Anti-AKW-Politik ein schwerer Rückschlag eingetreten. (Abg. Mag. Stadler: Wieder einmal hat sich die FPÖ-Politik bewahrheitet! Sagen Sie es einfach: Die Fraktionslosigkeit bewährt sich!)

Wie haben sich die einzelnen Fraktionen im Europäischen Parlament verhalten? Ich glaube, es ist zum einen einmal festzustellen, daß es eigentlich sonderbar ist, wenn die Abgeordnete zum Europäischen Parlament Stenzel in einer Aussendung am 14. November meint, daß diese Frage der Kernenergie mit dem Umweltkapitel nichts zu tun hätte. Ich glaube, es ist eine gewisse Verhöhnung zu sagen, Kernkraftpolitik hat mit Umweltfragen nichts zu tun. Ich glaube, wir sind uns einig darüber, daß gerade die österreichische Position und die Überzeugung der österreichischen Bevölkerung gegen die friedliche Nutzung der Kernenergie in erster Linie umweltpolitisch motiviert sind, und daher hat sie genau dort ihren Platz. (Beifall bei der SPÖ.)

Festzustellen ist in diesem Zusammenhang auch, daß die österreichischen sozialdemokratischen Abgeordneten im Europäischen Parlament neben vielen anderen genau das gemacht


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