Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 105

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Laut Wifo-Monatsbericht vom Oktober dieses Jahres wird die Zahl der vorgemerkten Arbeitslosen auf mehr als 245 000 im Jahresdurchschnitt 1997 steigen, was eine Arbeitslosenquote von 7,5 Prozent ergibt.

Die optimistischen Ansichten der Wirtschaftsforscher, daß sich dieses Niveau 1998 halten und nicht auf die Horrorquote von 8,1 Prozent steigen soll, wird durch die Aussagen des Leiters des Arbeitsmarktservices Herbert Buchinger relativiert:

"Die Prognosesicherheit der Wirtschaftsforschungsinstitute in bezug auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit ist sehr gering!"

Die von der Bundesregierung in diesem Zusammenhang angekündigten Beschäftigungsprogramme sind, den Aussagen von Rektor Professor Dr. Smekal zufolge, wegen der angespannten Budgetsituation reine Verbalakrobatik, die jeder realen Grundlage entbehren.

Diese Behauptung wird durch die Tatsache untermauert, daß Österreich im Bereich der Ausgaben für aktive Beschäftigungspolitik mit 0,22 Prozent des BIP an drittletzter Stelle in Europa liegt. Die Arbeitsmarktsituation wird sich auch noch deshalb, vor allem im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit, noch wesentlich verschärfen, weil sich die Gebietskörperschaften, insbesondere der Bund, jeglicher Verantwortung für die Beschäftigung der Jugend entziehen. Während von der privaten Wirtschaft ein ausreichendes Lehrstellenangebot verlangt wird, muß der öffentliche Dienst einen mehrjährigen Aufnahmestopp verordnen, um die übermäßigen Personalkosten einigermaßen in den Griff bekommen zu können. Diese Flucht aus der Verantwortung für das wertvollste Kapital, nämlich die Jugend, ist bezeichnend für die reaktive Politik dieser Bundesregierung, die unwillig und unfähig ist, sich wirklich mit den Zukunftsfragen Österreichs zu befassen.

Die Arbeitslosenstatistik wird noch zusätzlich durch die steigende Anzahl von Frühpensionisten verfälscht und spiegelt daher die Realität nicht wieder. So hat der Anteil der Frühpensionisten an der Zahl aller Rentenempfänger bereits Ende September 1996 erstmals die 20-Prozent-Marke (1993: 13,7 Prozent) überschritten. Die Zahl der Frühpensionen stieg im Jahr 1996 um 20 000 auf rund 190 000 und gefährdet daher den Generationenvertrag massiv.

Einer der Hauptgründe für die triste Situation am Arbeitsmarkt ist eine noch nie dagewesene Insolvenzwelle, die einen Nachkriegsrekord darstellt. Für 1996 dürfte die Zahl der Unternehmenszusammenbrüche zwischen 5 300 und 5 400 liegen, das sind um rund 8 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Schulden der insolventen Firmen werden einen Wert von zirka 39 Milliarden Schilling erreichen (zuzüglich rund 11 Milliarden Schilling für die Großinsolvenz des Baukonzerns Maculan). Im Vergleich dazu betrugen die Schulden 1985 "lediglich" zirka 11,5 Milliarden Schilling. Mitverantwortlich für diese Pleitewelle ist die schlechte Eigenkapitalausstattung der Unternehmen.

Trotz des Umstandes, daß die Bundesregierung von namhaften Experten auf diesen Eigenkapitalmangel hingewiesen wurde, fand sie es nicht der Mühe wert, unter anderem durch entsprechende steuerpolitische Maßnahmen entgegenzuwirken. Anstatt dessen wurden in letzter Zeit sogar kontraproduktive Maßnahmen zu Lasten von Unternehmen, wie zum Beispiel die Anhebung der Mindestkörperschaftsteuer auf jährlich 50 000 S oder die als verfassungswidrig kritisierte Werkvertragsregelung, gesetzt. Auch wurden keine Anstrengungen unternommen, eine seit langem überfällige Gründeroffensive einzuleiten.

Dies ist allein schon deshalb unverständlich, da der Prozentsatz der Unternehmer an der Erwerbsbevölkerung der zweitniedrigste in Europa ist. Allein zur Erreichung des OECD-Durchschnittes müßten in Österreich 140 000 zusätzliche Unternehmen gegründet werden.

Dazu kommt noch, daß die österreichischen Unternehmer durch eine aufgeblähte Bürokratie und ein nicht mehr zu rechtfertigendes Ausmaß an staatlicher Regulierung und Bevormundung behindert werden, was erwiesenermaßen negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, auf das Wirtschaftswachstum und die Kaufkraft nach sich ziehen.


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