Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 135

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Sie haben – auf deutsch gesagt – das angekündigt, was die Studien von Österreich fordern. Sie sind aber über diese Ankündigungspolitik in keinem einzigen Punkt hinausgekommen. Und das, Herr Bundeskanzler, ist die Katastrophe Ihrer Regierungspolitik! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie, Herr Bundeskanzler, haben 1994 den Österreicherinnen und Österreichern, insbesondere den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, versprochen, daß es in der EU neue Chancen, neue Zukunft und neue Horizonte einer österreichischen Sozialpolitik, die Europa nach oben hin verändern wird, geben wird. Am heutigen Tag mußten wir bei den Tagesordnungspunkten 1 und 9 feststellen, daß diese EU- Mindestanforderungen in der Arbeitnehmerpolitik von Ihnen, Herr Bundeskanzler, und Ihrer Bundesregierung unterschritten werden.

Ich glaube nicht, daß es sich Ihr Gewerkschaftsflügel erträumt hat, daß er schon zweieinhalb Jahre nach der Volksabstimmung zur EU hier in diesem Parlament jene Parameter, die Sie als Mindestanforderungen damals abgelehnt haben, sehnsüchtig am Horizont sucht, um sie wieder zu erreichen. – Das ist Ihre Arbeitnehmerpolitik, Herr Bundeskanzler!

Herr Bundeskanzler! Das sind nicht unsere Zahlen, sondern Ihre eigenen Zahlen über die Beschäftigungspolitik im Oktober dieses Jahres, vom Arbeitsmarktservice ausgearbeitet, die Zahlen der freien Lehrstellen, der Lehrsuchenden in Österreich – all das ist deprimierend genug, um hier nicht Polemik anzuwenden, sondern die reinen Fakten sind ausschlaggebend und zeigen, wie schlecht es in Österreich ist.

Ihre Lehrlingsoffensive hat um keinen einzigen Lehrplatz mehr gebracht, im Gegenteil, sie hat in einem Jahr 2 000 Lehrstellen wegrationalisiert. – Herr Bundeskanzler! Das ist die traurige Wahrheit, und da wird Ihnen Polemik von der Regierungsbank aus nichts nützen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundeskanzler! Es wäre Zeit, daß sich diese Bundesregierung entschließt, das zu tun, was Aufgabe einer Regierung ist, nämlich zu regieren und nicht zu polemisieren.

Es mag Polemik zum Alltag der Politik gehören – und ich war noch nie ein Feind von Bonmots, wie anders wären sonst manche meiner Reden in der Vergangenheit zu verstehen gewesen? –, aber ich glaube, Herr Bundeskanzler, daß die Zeit ernst ist und wir nicht zum Scherzen aufgelegt sein sollten, sondern hier in diesem Haus gerade in dieser Zeit des Jahreswechsels die Sorgen der Österreicherinnen und Österreicher ernst nehmen sollten, daß Sie ehrliche Antworten geben und ehrliche Auskünfte erteilen und nicht polemische Reden halten sollten, um sich darüber hinwegzuschwindeln, daß am Ende Ihrer Regierungspolitik nichts anderes übriggeblieben ist als vier Regierungserklärungen mit Versprechungen und eine Leistungsbilanz, die – das ist in Zahlen meßbar – nicht im geringsten das erfüllt, was Sie versprochen haben.

Ich darf noch einen Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt, Sigisbert Dolinschek, Ute Apfelbeck und Kollegen betreffend Kontrolle des ÖGB

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Interesse einer rechtsstaatlichen und nachvollziehbaren Gebarungskontrolle ehestmöglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, der vorsieht,

1. alle Körperschaften, denen als Berufsvereinigung im Sinne des § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Arbeitsverfassungsgesetzes die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt wurde, in die Gebarungskontrolle durch den Rechnungshof gemäß Art. 127b B-VG einzubeziehen und

2. alle Vereine und sonstigen juristischen Personen des privaten Rechts, deren Vereinsvermögen die Grenze von 50 Millionen Schilling übersteigt, den für Aktiengesellschaften geltenden Rechnungslegungsbestimmungen zu unterwerfen."

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