Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 153

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So gesehen könnte jede Kleingruppe mit einem gewissen Recht auf ein Mandat pochen. Dazu ist zu sagen, daß bis in die siebziger Jahre hinein, konkret bis 1974, Kärnten ein einziger Wahlkreis war. Die Einteilung in vier Wahlkreise wurde erst vorgenommen, nachdem der Verfassungsgerichtshof einer Wahlanfechtung stattgegeben hatte.

Von einer extremen Verkleinerung der Wahlkreise, von einem Wahlsystemwechsel zur Mehrheitswahl, wie es in Ihrem Antrag heißt, kann daher keine Rede sein.

Auch die im Antrag angegebenen zehn Prozent der Stimmen zur Erreichung eines Mandats sind zu hoch gegriffen. Tatsächlich liegt die Hürde bei etwa sieben Prozent, wobei ich schon zugeben muß, daß das sehr hoch ist. Man sollte meines Erachtens aber davon ausgehen, daß bei einer derart geringen Wahlzahl eine gewisse Akzeptanz vor Ort vorhanden sein sollte. Ein starkes Grundmandat hat daher auch eine gewisse Berechtigung.

8 000 bis 9 000 Stimmen in einem Wahlkreis mit 120 000 Wahlberechtigten scheinen mir angesichts dessen, daß ja doch eine gewisse Verankerung vor Ort gegenüber der Bevölkerung vorhanden sein sollte, eigentlich nicht so viel zu sein. So gesehen ist die hohe Eintrittshürde nicht so sehr ein Problem der Verfassung, sondern vor allem ein Problem deswegen, weil die Grünen und die Liberalen in Kärnten relativ schwach sind. Das ist aber mehr ein politisches als ein verfassungsrechtliches Problem.

Die Feststellung, daß die hohe Eintrittshürde – das ist eine Tatsache – prohibitiv wirke, wie Sie in Ihrem Antrag formulieren – übrigens ein Ausdruck, den ich eher mit Alkohol assoziiere –, indem sie potentielle Wählerinnen und Wähler von einer Stimmabgabe für Kleinparteien abhalte, ist vor allem eine schlimme Beleidigung Ihrer Wählerinnen und Wähler. Sie unterstellen ihnen damit ja, daß sie Sie nicht wegen Ihres Programms oder wegen Ihrer Personen wählen, sondern nur aufgrund der machtpolitischen Tatsache, ob Sie potentiell in der Lage sind, ein Mandat zu erreichen – was ja a priori gar nicht vorhersehbar ist. Für so dumm sollten Sie Ihre Wählerinnen und Wähler nicht halten.

Ob eine Anfechtung der Kärntner Landtagswahl zu einer Wahlwiederholung führen würde, vermag ich hier nicht zu beurteilen, weil eine korrekt durchgeführte Wahl an sich kein Anlaß für eine Wahlwiederholung ist, allenfalls könnte die Zuteilung der Mandate ein solcher Anlaß sein.

Obwohl ich also für Ihr grundsätzliches Anliegen – das möchte ich noch einmal betonen – Verständnis habe, meine ich doch, daß der vorliegende Fristsetzungsantrag formal auf der falschen Ebene eingebracht ist. Ich meine, daß die Entscheidung über die Kärntner Landtagswahlordnung genuin der Kärntner Landtagsgesetzgeber zu treffen hat, und ich betrachte es nicht als die Aufgabe des Bundesgesetzgebers beziehungsweise der Bundesregierung, sich in die Autonomie des Landes Kärnten einzumischen. Die Frage des Kärntner Wahlrechts soll das Land Kärnten selbst entscheiden und auch selbst verantworten. Daher werden wir dem vorliegenden Antrag nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

17.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wurmitzer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.55

Abgeordneter Georg Wurmitzer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst zwei Vorbemerkungen. Erstens: Es ist nicht alles, was Grüne und Liberale als undemokratisch bezeichnen, auch tatsächlich undemokratisch. Zweitens: Wenn wir Ihren Prozentsätzen in Kärnten Rechnung tragen wollten, so müßten wir – die Grünen haben bei der Landtagswahl 1,6 Prozent erreicht, das Liberale Forum 2,6 Prozent – die Prozenthürde unter drei Prozent senken.

Frau Dr. Schmidt! Ihr Antrag auf Fristsetzung ist aus unserer Sicht absolut entbehrlich. Mein Appell daher an Sie: Lernen Sie Geschichte! (Ironische Heiterkeit beim Liberalen Forum.) Würden Sie nämlich die Verhältnisse in Kärnten kennen, wüßten Sie, daß Kärnten bis zum Jahr 1978 ohnehin nur ein Wahlkreis war, daß die Aufhebung der burgenländischen Wahlordnung im


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