Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 15

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sogenannter Herr Mazier, wurde zu immerhin drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Warum? – Weil im Jahre 1988 ein 31jähriger Franzose namens Vic aus dem Fenster gesprungen ist, weil er nicht mehr mit der Belastung fertig wurde, entweder einen weiteren 30 000-Francs-Kredit für ein Scientology-Seminar aufzunehmen oder eine andere Art des Unglücks zu erfahren.

Oder: Rechtskräftige Verurteilung eines Herrn Hubard, des Gründers von Scientology – auch in Frankreich passiert, vor mehr als einem Jahrzehnt –, zu vier Jahren unbedingter Haftstrafe.

Das, meine Damen und Herren, sind die Fakten, denen wir uns zu stellen haben. Es mag vielleicht so ausschauen, als sei Österreich in mancher Hinsicht vom Phänomen Sekten bis jetzt noch verschont geblieben, aber ich befürchte – auch die Zahlen des Abgeordneten Höchtl bestätigen das, nämlich daß 50 000 Österreicher direkt und wahrscheinlich 200 000 Österreicher indirekt von Sekten betroffen sind; das sind immerhin 3 Prozent der Bevölkerung! –, daß wir es schon heute mit einem Eisberg zu tun haben, von dem wir nur die Spitze sehen, während die Basis unter der Oberfläche schlummert.

Wir sind daher dringend aufgerufen, unser Wissen bezüglich des Phänomens Sekten gemeinsam zu vertiefen, darüber, wie weit es in Österreich schon gekommen ist, wo Scientology und andere schon vertreten sind, wo sie ihre Finger im Spiel haben, ob nur in religiösen Bereichen oder auch in wirtschaftlichen Bereichen oder auch in Bereichen, die den Staat an und für sich schon angehen, was dann zu neuen Fragestellungen führen würde, zu Fragen, die in Deutschland bereits auf dem Tapet sind.

Meine Damen und Herren! Die Herausgabe dieser Sektenbroschüre war ein erster und, wie ich glaube, guter und wichtiger Schritt, aber eben nur ein erster Schritt. Wir planen für den 27. Jänner eine umfassende Enquete zu diesem Thema. Wir werden auf diesem Gebiet wachsam sein. Es muß den in Österreich agierenden Sekten klar sein, daß die Bundesregierung und auch das Hohe Haus nicht gewillt sind, dieses Phänomen tatenlos zur Kenntnis zu nehmen, sondern notfalls alle Mittel des Rechtsstaates in Anspruch nehmen werden, um im Falle des Falles zum Schutz unserer Bürger und zum Schutz unserer Jugend auch konkret gegen Sekten vorzugehen. – Ich danke sehr. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister.

Die Redezeit für die weiteren Diskussionsbeiträge beträgt 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

10.23

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns in der heutigen Aktuellen Stunde mit dem Thema der Sekten und sogenannten Psychogruppen. Es wird dabei, denke ich zumindest, breiten Konsens in diesem Haus dahin gehend geben, daß von solchen Gruppen unbestrittenermaßen große Gefahren ausgehen, Gefahren für die Gesellschaft, Gefahren vor allem aber – das ist schon angesprochen worden – für junge Menschen.

Daß eine der wesentlichsten Maßnahmen in diesem Zusammenhang ist, Aufklärung zu betreiben, Information zu geben, ist ebenso unbestritten. Die Ausführungen des Herrn Bundesministers – ihm ist in besonderer Weise dafür zu danken, daß es nunmehr diese wirklich ausgezeichnete Broschüre gibt – haben gezeigt, daß enormer Informationsbedarf gegeben war und gegeben ist. Das zeigt sich ja daran, daß mittlerweile 250 000 Broschüren verteilt wurden und es in den ersten Wochen Tausende Anrufe gegeben hat und nach wie vor täglich mehrere hundert Anrufe gibt, um diese Broschüre zu erhalten.

Das Problem, das wir im Zusammenhang mit Sekten und solchen Psychogruppen haben, ist natürlich auch, daß es so etwas wie eine mangelnde Greifbarkeit dieser Gruppen gibt, und das, obwohl wir mehr oder weniger nachweisen können, daß es eine quantitative Steigerung, eine


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