ten Arbeitsplätzen zu ermöglichen, ist im Kampf gegen die materielle Armutsgefährdung der wichtigste Schritt getan.
Wenn heutzutage in vielen Diskussionsbeiträgen, in sehr anspruchsvollen Artikeln und Büchern oft behauptet wird, Wirtschafts- und Sozialpolitik hätte keinen Sinn mehr, weil in der weltweiten Konstellation des Kapitalismus pur ohnehin anderswo als auf den politischen Ebenen entschieden wird, dann halte ich dem mit großem Nachdruck entgegen: Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik, Beschäftigungspolitik sind notwendig, sind machbar und sind erforderlich. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Dabei geht es nicht um eine defensive Rolle der Politik, die im Zeitalter der Betonung des Liberalismus einfach die besten Bedingungen für glatte Marktabläufe sichert. Das ist zuwenig, und daher meine ich, auch um dieses Thema kurz von einer anderen Seite her zu beleuchten: Die heute in ganz Europa abgegebenen neoliberalen Erklärungen, wonach ein zu hohes Lohnniveau oder ein zu ausgeprägter Kündigungsschutz oder zu großzügig dotierte Arbeitslosenunterstützungen die Ursache für Arbeitslosigkeit sind, greifen vor dem Hintergrund einer zweistelligen Arbeitslosenrate in Europa zu kurz. (Beifall bei der SPÖ.)
Im übrigen ist ja auch hinlänglich bekannt, daß der unmittelbare Konnex zwischen wirtschaftlichem Wachstum und sinkender Arbeitslosenrate verlorengegangen ist oder – anders ausgedrückt – daß die erzielten Wirtschaftswachstumsraten nicht ausreichen, um von sich aus mehr Beschäftigung zu schaffen.
Meine Damen und Herren! Daher muß die erste Schlußfolgerung sein, daß auch im Zeitalter der Globalisierung – ich weise auch den Ausdruck "Globalisierungsfalle" zurück –, das ist die weltweite Vernetzung der Wirtschaftsabläufe in Zeiten der Deregulierung, der Liberalisierung ein aktiver Staat, der sich zu offensiver Gestaltung der Arbeitsmärkte bekennt, unverzichtbar ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Daher steht eine offensive Wirtschaftspolitik zur Erzielung eines bestmöglichen Beschäftigungsgrades im Vordergrund, sie ist wichtig und unverzichtbar für Einkommen, Wohlstand und soziale Stabilität. Aus diesem Grund, verehrter Herr Abgeordneter Öllinger, finde ich es nicht gerecht, wenn Sie sagen, das Problem Armut werde von der Regierungspolitik ignoriert.
Wir haben im Jahr 1993, als die ganze Welt mit einer Abschwächung der Konjunktur zu kämpfen hatte, bewußte beschäftigungspolitische Akzente gesetzt. Ich verweise auf die Wohnbauoffensive. Wir haben in dieser Zeit im Jahresschnitt 40 000 bis 50 000 Wohnungen in Österreich neu gebaut, im Vorjahr waren es 54 000. Wir haben sogar im Zuge der Konsolidierungsmaßnahmen, des sogenannten Sparpaketes darauf Bedacht genommen; hierzu einige Stichworte: 60-Milliarden-Paket für Eisenbahninvestitionen, die Vorwegnahme von Umweltinvestitionen, die Vollendung wichtiger Straßenbauvorhaben.
In diesem Zusammenhang noch eine Anmerkung: Ich stehe dem Projekt Investitionen in Energieeffizienz, Wärmedämmung, Gebäudeisolierung und Fernwärme, das auch von einigen Abgeordneten Ihrer Fraktion vertreten wird, aus Gründen des Umweltschutzes und der Beschäftigungssicherung mit viel Sympathie gegenüber.
Schlußfolgerung Nummer 2: die Ergänzung der herkömmlichen und in erster Linie nachfrageseitig orientierten Beschäftigungspolitik durch angebotsorientierte Akzente. Die Frauenerwerbsquote in Österreich liegt mit 57 Prozent über dem EU-Durchschnitt, jedoch unter den Werten vergleichbarer Länder. In Schweden sind es beispielsweise 75 Prozent. Das hat mit unserem heutigen Thema zu tun, weil alle Untersuchungen nahelegen, daß Armutsgefährdung dann größer ist, wenn lediglich ein Familienmitglied im Berufsleben steht. Hier – das sage ich ganz offen – besteht für Österreich Nachholbedarf. Als eine Möglichkeit, diesen Nachholbedarf zu überwinden, sehe ich den Dienstleistungssektor, der sehr wohl ein Wachstums- als auch ein Zukunftsbereich ist.
Des weiteren müssen wir die Selbständigenquote erhöhen. Hauptgründe dafür, daß in Österreich vergleichsweise wenige Unternehmungen neu gegründet werden, sind unzeitgemäße Vorschriften, lange Behördenverfahren, mangelnder Zugang zum Risikokapital. Das zu beseitigen