Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 112

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Schilling und die D-Mark eng aneinander gekoppelt sind – ein einigermaßen exemplarischer: Es kann nicht sein, daß herauskommt: Geldwert vor Beschäftigung und das noch mit irgendwelchen Sanktionsmechanismen abzusichern.

Auch hier ist die entscheidende Frage, auch für nationale Regierungen, für Gesellschaften, für sozial sensible Gesellschaften: In welche Richtung führt der europäische Weg? Das ist wichtig zu wissen, wenn man in Österreich eine Verteilungsdebatte führt, nicht nur eine europäische Verteilungsdiskussion, sondern wenn man in Österreich diese Verteilungsdiskussion unter dem Gesichtspunkt der Absicherung des Standortes, des Wirtschaftsstandortes Österreich führt. Das ist in diesem Zusammenhang eine ganz entscheidende Frage.

Vor diesem Hintergrund können wir dann konkrete Überlegungen anstellen, können wir im Endeffekt die Frage stellen: Welche Verteilungswirkungen hat das Steuersystem, hat das Abgabensystem, wo können wir korrigierend bei den primären Einkommen und letztlich ihren Auswirkungen eingreifen? Können wir das bei der Ausgabenseite? – Ja, können wir. Machen wir das bei der Ausgabenseite? – Ja, das versuchen wir, teilweise mit Erfolg, vielleicht aber könnte man es da und dort noch verbessern.

Ein Beispiel nur: Wenn die Besserverdienenden mit einem geringeren Prozentsatz ihres Einkommens zur Sozialversicherung beitragen als die ärmeren Haushalte, so ist das ein Bereich, über den man nachdenken muß. So könnte ich eine Reihe von Punkten anführen. Ich meine daher, daß es berechtigt ist, diese Diskussion auch wirklich ernsthaft zu führen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.

16.45

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! Man kann an das Thema Armut, an das Problem Armut von verschiedenen Positionen und Betrachtungsweisen heraus herangehen. Man kann Armut von internationalen Berichten her betrachten, von Statistiken, beispielsweise vom OECD-Bericht, der Österreich zu den reichsten Ländern der Welt zählt. Man kann Armut in Relation setzen zu anderen Ländern, zu Ländern, die reicher sind als wir, zu Ländern, die ärmer sind als wir.

Man kann Armut vergleichen, indem wir in Österreich dazu verschiedene Berufs-, Einkommens- und Bevölkerungsgruppen heranziehen. Man kann es so machen, wie es die Grünen mit einer Dringlichen Anfrage getan haben, nämlich sozusagen eine statistische Matrix über Österreich legen und die Statistik interpretieren und – je nach ideologischer Sicht – Schuldzuweisungen vornehmen.

Oder man kann das Problem Armut auch von einer anderen Seite her angehen, nämlich Armut so zu betrachten und zu bewerten, wie sie sich tatsächlich darstellt.

Meine Damen und Herren! Armut ist kein statistisches Ergebnis, Armut schreit nicht. Armut ist ruhig, ist still, ist stumm. Armut ist vielfach anonym und statistisch nicht greifbar. Armut schämt sich, sie ist individuell und trifft den einzelnen und nicht anonyme Gruppen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Armut kann unverschuldet sein, Armut kann aber auch verschuldet sein, wobei der Verschuldungsgrad oder überhaupt das Kriterium Verschuldung keine Bewertung erfahren sollte, was die Hilfe angeht. Armut kann systembedingt sein. Armut ist aber auch ein Auf-der-Strecke-Bleiben jener, die nicht mehr mitkommen bei dieser Schnellebigkeit, bei dieser Rasanz des Lebens.

Armut ist auch ein Ergebnis der sozialen Treffsicherheit oder der Zielungenauigkeit. Armut ist aber auch ein Wecken von falschen Vorstellungen und Paradiesen bei den Konsumenten.

Ich möchte in diesem Zusammenhang die falsche Beratung und auch die Finanzpolitik mancher Banken ankreiden, so nach dem Motto "Anna, den Kredit ham´ ma." (Beifall bei der ÖVP.)


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