Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 113

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Erstunterzeichner ist Abgeordneter Mag. Peter. Er erhält das Wort zur Begründung der Anfrage. Seine Redezeit beträgt 20 Minuten.

15.01

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Das Wirtschaftswunder Österreich ist wahrlich ein sprichwörtliches. Bis Anfang der neunziger Jahre hatten wir großartige Wirtschaftsdaten in diesem Land erreicht. Diese Zahlen waren nicht zuletzt der touristischen Entwicklung zu verdanken. Bis 1992 hat Österreich an die 160 Milliarden Schilling an Devisen aus dem Tourismus eingenommen und damit fast schon wie selbstverständlich das chronische Handelsbilanzdefizit abgedeckt. Es ist ganz selbstverständlich geworden für unser Land, daß wir uns leisten können, um 70, 80, ja 100 Milliarden Schilling mehr zu importieren als zu exportieren, weil die Gäste sowieso kommen und die nötigen Devisen bringen, um diesen Fehlbetrag auszugleichen.

1992 haben wir eine Bruchlinie in der touristischen Entwicklung durchlaufen. Was ist geschehen? – Die langfristigen Ursachen sind in einer schleichenden Kostenerhöhung zu finden, die sich in einer dienstleistungsintensiven Branche im Bereich der persönlichen Dienstleistung voll auf die Preise durchgeschlagen hat.

Diese Entwicklung setzt sich fort. Die Kosten für Bürokratie, die Arbeitskosten, die Lohnnebenkosten, die Entsorgungskosten und so weiter und so fort sind laufend, stückweise, Schritt für Schritt gestiegen, sodaß wir im weltweiten Wettbewerb Marktanteile verloren haben.

Es gibt keine einzige Branche in Österreich, die so abhängig vom weltweiten Verdrängungswettbewerb ist wie der Tourismus. Es gibt keinen so offenen Markt, in dem sich schon seit vielen Jahrzehnten der Tourismus beweisen muß. Der Rückgang der Flugpreise und der Bruch in den Währungsrelationen im Jahre 1992 haben ein Übriges getan. Der Effekt sind die Zahlen, vor denen wir heute stehen.

Man soll Nächtigungszahlen nicht zuviel Bedeutung zumessen. Es ist nur ein Zählen von Übernachtungen. Dennoch ist es beeindruckend, daß diese von 130 Millionen auf 112 Millionen im Jahre 1996 zurückgegangen sind.

Viel gravierender für unser Land ist der Rückgang bei den Deviseneinnahmen von 160 auf 140 Milliarden Schilling jährlich, was dazu geführt hat, daß im Jahre 1996 der Anteil der Tourismuseinnahmen am Bruttoinlandsprodukt nicht mehr 8,4 Prozent wie im Jahre 1992, sondern nur mehr 6 Prozent betragen wird. Das heißt, Österreich hat eine Wachstumschance von 2 Prozent verloren. Das ist eine BIP-Chance.

Gleichzeitig ist auch das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes in Österreich zurückgegangen. Dieser persönliche Konsum durch Tourismus hat gefehlt, und 1996 hat Österreich – und leider wird das auch für 1997 prognostiziert – die geringsten Wachstumsraten der gesamten Europäischen Union.

Darüber hinaus ist das Leistungsbilanzdefizit außer Kontrolle geraten. Es stieg von 1,6 Milliarden Schilling im Jahre 1992 auf 50 Milliarden Schilling. Das sind 2 Prozent des Bruttoinlandprodukts 1996. Und das schon das zweite Jahr in Folge!

Das Ausbleiben der Tourismuseinnahmen und das Ansteigen der Tourismusausgaben – beide Effekte zählen hier dazu – haben einen Teil der Devisenreserven bereits aufgebraucht, und die Oesterreichische Nationalbank betreibt heute eine Politik mit geschlossenen Augen in Richtung Euro, so nach dem Motto: Bis 1998 werden wir es schon schaffen!

Erstaunlicherweise ist auch der Rückgang in der Beschäftigung ohne Kommentar von seiten der Politik geblieben. Statt 161 000 Beschäftigten im Jahre 1992 waren es 1996 nur mehr 155 000.

Meine Damen und Herren! Das hat nicht nur in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die ich bereits erläutert habe, sondern selbstverständlich auch in den Betrieben tiefe Spuren hinter


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