Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 150

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Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort hat sich nunmehr Herr Staatssekretär Mag. Schlögl gemeldet. – Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

17.40

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich habe nicht vor, mich mit diesem Thema salopp auseinanderzusetzen, weil ich glaube, daß es viel zu wichtig ist, als daß man oberflächlich drüberfahren sollte. Unsere gemeinsame Aufgabe und unser gemeinsamer Auftrag ist es, alles zu tun, um sehr korrekt und mit großer Einsatzbereitschaft die Dinge, die passiert sind, wenigstens einigermaßen wiedergutzumachen.

Ich billige zu, daß viele der Fragen der Grünen an den Herrn Bundeskanzler nur im Detail und nur sehr kursorisch beantwortet worden sind. Das hängt aber auch damit zusammen, daß viele Unterlagen vernichtet worden beziehungsweise durch Kriegsereignisse verlorengegangen sind.

Ich möchte aber entschieden die Ansicht und die Meinung zurückweisen, daß wir in Österreich alle gemeinsam nichts oder zuwenig getan haben. Ich glaube, daß wir nach unseren Möglichkeiten sehr viel getan haben und möchte das in meinem kurzen Redebeitrag auch darlegen.

Die gesamte österreichische Rückstellungsgesetzgebung war von dem Gedanken geprägt, daß nach der Wiederherstellung der Republik Österreich vorhandene entzogene Vermögen an die ehemaligen Berechtigten oder an ihre Rechtsnachfolger zu erstatten beziehungsweise im Wege der Sammelstellen an die Geschädigten zu verteilen sind.

Verläßliche Schätzungen zu der von der Anfrage umfaßten Problematik des Gesamtschadens der NS-Opfer stehen dem Bundesministerium für Finanzen mangels entsprechender Aufzeichnungen leider nicht zur Verfügung. Ich bezweifle auch, daß es selbst mit den besten wissenschaftlichen Studien möglich ist, alle Fragen im Detail zu beantworten. Ich billige aber gerne zu, daß man vielleicht zuwenig gemacht hat, und werde auch die Antragstellerin zu einem Gespräch einladen, um mit ihr gemeinsam Wege zu eruieren und Wege zu erforschen, wie wir besseres Datenmaterial bekommen können.

Wichtig – und das möchte ich klar festhalten – ist, daß gerade Bundeskanzler Franz Vranitzky wie keiner seiner Vorgänger die moralische Mitverantwortung Österreichs für den Holocaust betont hat. Gerade in seiner Amtszeit ist auch auf dem Gebiet der Entschädigung und der Wiedergutmachung sehr, sehr viel geschehen.

Ich möchte einige Maßnahmen anführen:

Im Bewußtsein der moralischen Mitverantwortung Österreichs an den Verbrechen des Nationalsozialismus hat die Republik Österreich anläßlich des 50jährigen Bestehens der Zweiten Republik einen Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus eingerichtet. Wie Sie bereits erwähnt haben, Frau Abgeordnete, wurde dieser Fonds im Jahre 1995 beim Nationalrat geschaffen und dient zur Erbringung von Leistungen an die Opfer des Nationalsozialismus.

Bis Ende dieses Jahres hat der Fonds eine Summe von über 700 Millionen Schilling an fast 10 000 Antragsteller ausbezahlt. 4 000 Antragsteller waren aus den Vereinigten Staaten, mehr als 1 000 aus Israel und nahezu 2 000 Antragsteller aus Österreich. In den kommenden zwei Jahren wird der Fonds mit jeweils weiteren 600 Millionen Schilling dotiert werden. Bis zum Jahre 1998 dürften individuelle Zahlungen laut Mitteilung des Nationalfonds abgeschlossen sein.

Materielle Leistungen sind natürlich nur ein beschränkter Teil der Wiedergutmachung, aber es sollte meiner Meinung nach ein Zeichen der Mahnung und des Bewußtseins und der Aussöhnung sein, ein Zeichen dafür, daß die jüngere Generation das Unrecht und den Wahnsinn, die damals geschehen sind, nicht vergessen hat.

Ein weiteres Beispiel, das ich anführen möchte, ist die Mauerbach-Benefizauktion, die Ende Oktober dieses Jahres in Wien stattfand. Sie erinnert an das tragische Kapitel in der öster


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