Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 157

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gabe, die die Republik erfüllen kann, und die sollte sie tatsächlich erfüllen. (Beifall bei den Grünen.)

18.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich nehme nunmehr die Verhandlungen über den 13. Punkt der Tagesordnung, der die Zivildienstgesetz-Novelle 1996 zum Gegenstand hat, wieder auf.

Ich erteile Herrn Abgeordneten Schwemlein das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.15

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie wieder auf den Tagesordnungspunkt Zivildienstgesetz einstimmen und Sie bewußt noch einmal mit den positiven Teilen dieser Gesetzesnovelle konfrontieren.

Es war unser absolutes Ziel, uns darum zu bemühen, die Gewissensprüfung, diese Kommission abzuschaffen. Das ist gelungen.

Es war unser Bemühen, Verbesserungen beim Zugang zum Zivildienst zu erreichen. Auch das ist gelungen.

Und wir waren bemüht, eine Ausweitung der Dienstleistungsgebiete in dieses Gesetz hineinzubringen. Auch das ist ein positiver Teil der Zivildienstgesetz-Novelle.

Aber, meine Damen und Herren, ein für mich sehr wesentlicher Punkt, der viel Unverständnis, ja bittere Enttäuschung hervorgerufen hat, ist der § 76a, der wie folgt lautet: "Für Wehrpflichtige, deren Tauglichkeit vor dem 1. 1. 1994 festgestellt worden ist und seither fortbesteht und die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes noch keinen Grundwehrdienst geleistet haben, ruht das Recht, eine Zivildiensterklärung abzugeben."

Meine Damen und Herren! Nicht nur ich, sondern viele von uns sind von betroffenen Menschen kontaktiert worden, von jungen Männern, die sich sehr verzweifelt mit ihrer Situation auseinandergesetzt haben, von Menschen, die sich ernsthaft fragen, wie sie mit dieser Situation umgehen sollen: Sollen sie untertauchen in den Untergrund? Sollen sie sich ins Ausland absetzen – oder sollen sie es ertragen, kriminalisiert zu werden, zu Straftätern zu werden?

Folgendes ist klar: In dem Augenblick, wo es heute jemand verweigert, seinen Wehrdienst anzutreten, droht ihm ein Strafausmaß von zwei Jahren. Nicht nur, daß an den Landesgerichten eine Fülle von Prozessen zu erwarten ist: Wir wissen aus der Vergangenheit, daß bereits unterschiedlichste Urteile getroffen wurden, vom Freispruch bis zum Ausreizen des möglichen Strafausmaßes.

Das, was mich in dieser Situation schmerzt, ist ganz einfach die Tatsache, daß wir mit dieser Personengruppe in einer unsensiblen Art und Weise umgehen, daß wir in diesem Hause nicht den Weitblick haben, Menschlichkeit vor Gesetzestext zu stellen.

Herr Kollege Maitz! Sie haben gemeint, dieses Gesetz, diese Novelle sei der goldene Mittelweg. Ich sage Ihnen: Nicht alles ist Gold, was glänzt. Und ich sage auch in diesem Haus, daß ich über diesen § 76a sehr unglücklich bin und daß ich den Betroffenen mit einem sehr schlechten Gewissen gegenübertrete.

Für die große Gruppe derer, die von den Vorteilen dieser Zivildienstgesetz-Novelle profitieren, werde ich mein Stimmverhalten in diesem Haus so einrichten, daß ich dem Gesetz als solches zustimme, wissend, daß dieser § 76a die schlechteste Variante ist. (Beifall bei der SPÖ.)

18.19


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