Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 53. Sitzung / Seite 77

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leichtem Zugang, Durchschnittsalter um 52 Jahre, lange, wenig kontrollierte Krankenstände, Kündigungs- und Versetzungsschutz, traumhafte Ferienregelungen für Schulen, Gerichte, Universitäten, honorierte Wandertage, Skikurse und Supplierungen, seit Einführung des Sparpakets weniger Wandertage, dafür Herbstferien.

Schulen orientieren sich weniger an den Bildungsbedürfnissen. Das sieht man: Latein wird als Studienzulassung für Medizin und Jus benötigt, der fließende Gebrauch lebender Fremdsprachen wäre wichtiger. Gerichte brauchen ewig für Urteilsausfertigungen. Das Universitätsjahr ist auf ein Zweidritteljahr beschränkt. – Wie gesagt: Bis auf einige Ausnahmen, die Medizin eben, mußte man sich um den Arbeitnehmerschutz für Beamte keine Sorgen machen. Großzügige Regelungen, wo man selbst berufliche Erfahrungen hat oder übermächtigen Lobbies gegenübersteht, andererseits Dominanz des Spargedankens bei den Gesundheitsausgaben.

Ich bin für sinnvolle Kostensenkung im Gesundheitsbereich durch Forcierung der Prävention, wie die drastische Einschränkung des Alkohol- und Nikotingebrauches, besser: -mißbrauches. Welche fadenscheinigen Argumente gibt es gegen die Einführung von 0,5 Promille, wie lax wird das Tabakgesetz gehandhabt. Erkrankungen, Unfälle und hohe Medikamentenkosten werden durch diese beiden Gifte verursacht. In unserer Vorbildwirkung als Politiker sollten wir auf beides im Parlament, unserem Arbeitsplatz, gänzlich verzichten.

Die Lebensumstände der Menschen zu verbessern, hilft Gesundheitskosten einzusparen. Wer diesen vernünftigen Weg nicht gehen will, versucht, durch Verknappen der Ressourcen, Senken der medizinischen Standards und Verminderung des Arbeitnehmerschutzes Kosten einzusparen – und da kennt die Phantasie keine Grenzen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Vor mehr als zwei Jahren beschloß dieses Hohe Haus endlich, ein Arbeitszeitgesetz für Bedienstete von Krankenanstalten zu schaffen (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger ) – das war die Einleitung (Abg. Dr. Pumberger: Eine lange Einleitung!) –, da zuerst Herr Universitätsdozent Dr. Grünewald wegen unmenschlicher, unverantwortlicher Verhältnisse im Bereich der Innsbrucker Klinik und dann Universitätsprofessor Dr. Poigenfürst Alarm schlugen.

Kollege Öllinger! Das Arbeitszeitgesetz für Ärzte war auch von den Ärzten gewünscht, denn wir wollten im Spital Kontinuität. Ich komme selbst aus einem Bereich, in dem das alte Arbeitszeitgesetz gegolten hätte. (Abg. Öllinger: Die Ärzte allein sind nicht maßgebend!) Nein. Auch die Schwestern wollten, wie gesagt, die zwölf Stunden, weil sie den Tag nicht so getrennt haben wollten. Daß die Arbeitszeitgesetze dort anders gehandhabt wurden, war zum Großteil der Wunsch der Bediensteten. Ob es immer sinnvoll ist, ist die Frage, aber es war der Wunsch der Bediensteten.

Ich frage mich aber: Zwänge uns der EU-Beitritt nicht, den Arbeitnehmerschutz auf öffentliche Spitäler zu erweitern, wäre dieses Gesetz von den Ländern zu Fall gebracht worden?

Das, was wir heute beschließen, weicht leider von der ursprünglichen Fassung ab. Selbst die im Ministerrat beschlossene Regierungsvorlage wurde auf Länderwunsch noch einmal verschlechtert. Die Beschränkung auf zehn verlängerte Dienste im Monat für Turnusärzte erschien den verantwortlichen Landespolitikern zu kostspielig. Ob diese jede dritte Nacht arbeitend an ihrem Dienstort verbringen? – Ich bezweifle, daß jemand, der nicht verantwortungsvolle Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit leistet, weiß, wie belastend diese Dienste sind, mit Auswirkungen auf Familie, Körper und Seele.

Bis zu 26 Dienste in einem Monat wurden in manchen Bundesländern absolviert. Manchmal durften Kollegen das Spital acht bis zehn Tage lang überhaupt nicht verlassen; nur der ach so teure Wasserkopf Wien betrieb keine derartige Ausbeutung. Den Verantwortlichen waren Ärzte und Patienten völlig gleichgültig, sonst hätten sie derartige Dienste niemals zulassen dürfen. Ein ausgebrannter Arzt wird weder über die manuelle Geschicklichkeit noch über die diagnostischen und therapeutischen Fähigkeiten eines ausgeruhten Arztes verfügen.

Der Durchrechnungszeitraum für verlängerte Dienste und Überstunden wurde gegenüber der ursprünglichen Fassung verdoppelt, die Fristen zur Herabsetzung höchstzulässiger Dienste


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