Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 53. Sitzung / Seite 100

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der Sorgen der Bürgerinnen und Bürger, daß nämlich die Einführung des Euro das Gespenst der Geldentwertung der Nachkriegszeit wieder heraufbeschwört, werden die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union beim Gipfel in Dublin wesentliche Entscheidungen hinsichtlich des sog. EWS II und vor allem hinsichtlich des Stabilitätspakts treffen, durchaus sinnvolle Forderungen, wie Einbeziehung der Arbeitslosigkeit als zusätzliches Kriterium (Europäischer Gewerkschaftspräsident Verzetnitsch), oder eine allfällige Verschiebung der EWU allerdings elegant umschiffen.

Doch gerade in der Frage der Stabilität des Euro ist, wie jüngste Aussagen von Bundeskanzler Dr. Vranitzky und Finanzminister Mag. Klima zeigen, ein fauler politischer Kompromiß zu befürchten, der bisherigen Versprechungen der Bundesregierung diametral gegenübersteht. Die österreichische Bundesregierung, allen voran der Bundeskanzler, hat bislang stets versichert, daß "der Euro so hart sein muß wie der Schilling" (News, 50/96) und daß "das neue Geld in Österreich nur eingeführt werde, wenn es dem Schilling gleichwertig ist" (WirtschaftsWoche 51/1996). Nunmehr zeichnet sich jedoch ab, daß diese verbalen Beruhigungspillen, die der österreichischen Bevölkerung immer wieder aufgetischt werden, nicht mit dem Verhalten der österreichischen Regierungsmitglieder auf europäischer Ebene im Einklang stehen. Wäre es nämlich der österreichischen Bundesregierung hinsichtlich der Stabilität des Euro wirklich ernst, dann müßte sie sich auf die Seite Deutschlands stellen und für einen möglichst straff geschnürten Stabilitätspakt, den Frankreich in dieser Form ablehnt, eintreten.

Doch sowohl Bundeskanzler Dr. Vranitzky als auch Finanzminister Mag. Klima lehnen den von Deutschland geforderten Strafautomatismus ab und plädieren für eine politische Entscheidung nach Überprüfung eines Verstoßes gegen die Maastricht-Kriterien (APA, 12.12.1996), was bedeutet, daß Stabilisierungsmaßnahmen ins Ermessen des EU-Rates gestellt werden, mit der Folge und Gefahr, daß es "lange politische Verhandlungen gibt, die zu nichts führen" (Univ.Prof. Dr. Felderer) oder zu einem Tauschgeschäft werden und den Euro tendenziell weicher machen dürften.

Abgesehen von der Tatsache, daß die nunmehr von der österreichischen Regierung vertretene gemäßigte Stabilitätspolitik und die Diskussion um den angemessenen Härtegrad des Euro -den einzelnen österreichischen Wirtschaftszweigen vielleicht zugute kommen könnte- ist es politisch unredlich und gegenüber der österreichischen Bevölkerung absolut nicht vertretbar, daß die Spitzen der österreichischen Regierung auf EU-Ebene "einer Politik das Wort reden, die tendenziell geeignet ist, den Euro letztlich ein bisserl weicher ausfallen zu lassen, als der Schilling derzeit ist – und gleichzeitig der besorgten Bevölkerung vollmundig versprechen, daß genau dies nicht passieren wird", wie Ortner in der WirtschaftsWoche (51/1996) treffend kritisierte.

Diese Vorgangsweise paßt genau zum bisherigen Verhalten der Bundesregierung bei der Aufklärung der Bevölkerung über die Vor- und Nachteile eines allfälligen Eintritts Österreichs in die 3. Stufe der WWU. Nicht objektive und sachliche Information wird geboten, sondern der Bevölkerung wird eine Werbekampagne über die Europäische Währungsunion vorgesetzt, die "allen gesellschaftlichen Ebenen die Vorteile der WWU klarmachen und die Folgen eines eventuellen Nichtbeitritts verdeutlichen" soll, wie Bundeskanzler Dr. Vranitzky am 21. November 1996 in einer Pressekonferenz ankündigte, und Finanzminister Mag. Klima sekundierte, indem er meinte, daß es bis zur Einführung des Euro in Österreich darum geht, "gegen die emotionellen Widerstände der Bevölkerung eine Kampagne zu fahren, um sie überzeugen zu können" (OTS097, 22.11.1996). Diese Ankündigungen und Absichten seitens der Bundesregierung zeigen einmal mehr, daß das fehlende Vertrauen der Finanzmärkte in die geplante EWU, vor allem aber die mangelnde Zustimmung der Bevölkerung durch billige Werbung (Stichwort: Ederer-Tausender) wettgemacht werden soll. Eine entsprechende Glaubwürdigkeit und die notwendige Legitimation, die wesentliche Voraussetzungen und Grundbedingungen für einen erfolgreichen Start der EWU wären, können nicht durch eine Werbekampagne erreicht werden. Vielmehr erscheint vor einer derart weitreichenden Entscheidung, nämlich der Ablösung des österreichischen Schillings durch eine gemeinsame europäische Währung, den Euro, die Zustimmung der österreichischen Bevölkerung, die im Rahmen einer Volksabstimmung zum Ausdruck gebracht wird, unbedingt notwendig.


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