Ich bitte Sie um eines dringlich: Die ganze Diskussion um den Euro würde wirklich profitieren, wenn wir die Effekte der Währungsunion, die Effekte der Konvergenzkriterien und die Effekte des sogenannten Stabilitätspaktes auseinanderhalten.
Ich bin zum Beispiel durchaus der Meinung, daß die Arbeitslosigkeit durch die Währungsunion als solche kaum positiv beeinflußt wird. Diese Effekte dürften im großen und ganzen neutral sein. Die Effekte, die man sich erhofft, beruhen im wesentlichen auf einem Sinken der Zinssätze, und ob die realen Zinssätze speziell in Österreich und Deutschland sinken werden, ist äußerst ungewiß. Auch das möchte ich hier nur in den Raum stellen.
Negative Beschäftigungseffekte gehen im Rahmen der Währungsunion nicht von der Währungsunion als solcher aus, sondern von den sogenannten Konvergenzkriterien, die jetzt durch den sogenannten Stabilitätspakt noch verstärkt werden sollen. Da Sie so viel zitiert haben, Herr Dr. Haider, empfehle ich Ihnen Sie sprechen sicher ausgezeichnet Englisch, davon gehe ich aus , sich den "American Economic Review" vom Mai 1996 anzuschauen, darin sind einige ganz kurze Artikel, die auch für Nichtspezialisten ohneweiters zu lesen sind. (Abg. Dr. Haider: Da gibt es etwas Neues: "Europe΄s Global Currencies"! Das können Sie lesen!) Mai 1996, das ist nicht neu, aber ziemlich neu.
Richard Portes: Die Fiskalkontraktion im Rahmen mit den Konvergenzkriterien wird prozyklische Auswirkungen haben in einem Europa, das ohnedies außergewöhnlich hohe Arbeitslosenraten hat. Das geht durchaus in Ihre Richtung und in meine Richtung. Da sind wir uns ja einig, glaube ich.
Die Konvergenzkriterien haben eine sehr problematische Wirkung, ich komme auf diesen Punkt zurück. Es wäre angesagt, auch unter Politikern und unter der Bevölkerung Aufklärung in der Richtung zu betreiben, daß zwischen der Währungsunion und den Konvergenzkriterien zu unterscheiden ist. Rüdiger Dornbusch, ein berühmter Makroökonom, äußert sich in der Zeitschrift "Foreign Affairs" vom Oktober in dieselbe Richtung. Aufgrund der knappen Zeit gebe ich Ihnen schriftlich ein sehr schönes Zitat von Willem Buiter, einem Makroökonomen an der University of Cambridge. Alle betonen: Die Währungsunion ist eine Sache, die Konvergenzkriterien sind eine andere Sache.
Jetzt zum Stabilitätspakt. Herr Dr. Haider, der Stabilitätspakt verschärft die Wirkung der Konvergenzkriterien. Und ich muß schon sagen Sie haben das sicherlich nicht selbst geschrieben : Wenn Sie Ihren eigenen Text gründlich lesen würden, kämen Sie auf folgende Merkwürdigkeit:
Auf Seite 1 Ihrer heutigen Dringlichen Anfrage schreiben Sie über die Problematik, daß alle europäischen Staaten, darunter auch Österreich, die Konvergenzkriterien auf Biegen und Brechen erfüllen wollen, womit die ohnehin hohe Arbeitslosigkeit zunimmt.
Was steht auf Seite 2? Österreich müßte sich auf die Seite Deutschlands stellen und für einen möglichst straff geschnürten Stabilitätspakt eintreten. Na bitte! Das ist die bewußte Erhöhung der Arbeitslosigkeit in Österreich. Erklären Sie mir das bitte!
Ich persönlich bin in gewisser Hinsicht ganz beruhigt, daß tatsächlich das eingetreten ist, was Sie angedeutet haben, daß nämlich Kanzler Vranitzky und Finanzminister Klima eine gewisse Bewegung weg von den öffentlichen Äußerungen gemacht haben, daß die Konvergenzkriterien sklavisch einzuhalten und ökonomisch begründet seien.
Aber Sie brauchen mir ja nicht zu glauben, Herr Dr. Haider. Ich bin immer dafür, mehrere Quellen zu prüfen, nicht alleine diese Broschüre anzuschauen, sondern andere auch. Ich empfehle Ihnen dringend den neuesten "Economist" vom 14. Dezember. (Abg. Dr. Haider: Habe ich schon gelesen!) Wirklich? Titelgeschichte, Titelblatt und Titelstory: Positiv zur Währungsunion. Es wäre ja auch überraschend, wenn der "Economist" etwas anderes sagen würde. (Abg. Dr. Haider: Der "Economist" war noch nie positiv zur Währungsunion!) Na bitte, dann haben Sie den Artikel nicht verstanden, das muß ich schon sagen. Also das ist lächerlich. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie bei der SPÖ.)