Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 53. Sitzung / Seite 153

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Ich kann Ihnen folgendes aus der Praxis sagen, von mir selbst im Arbeitsmarktservice in Braunau praktiziert: Es wird von der Wirtschaft immer wieder die sogenannte Telearbeit gefordert. Die Leute sind bereit, das zu machen, aber das Problem haben wir mit der Wirtschaft. Die Wirtschaft will nicht mitgehen. Man spricht zwar immer davon, aber wir haben bei einem grenzüberschreitenden Projekt Mühe und Not gehabt, auf österreichischer Seite acht Dienstgeber zu finden, die da mitmachen.

Die Arbeitnehmer – darum sage ich das im Sinne des Arbeitnehmerschutzes – sind schon flexibel, sind auch kreativ, aber von der Wirtschaftsseite wird nur viel gefordert, viel in den Wind gesprochen, und es kommt nichts dabei heraus. – In diesem Sinne lasse ich es gelten, wenn Sie von geschützter Werkstätte sprechen.

Kollegen Haselsteiner – er ist nicht da – höre ich immer sehr aufmerksam, weil er in meinen Augen ein Fachmann ist, aber bei seiner gestrigen Aussage, in der er gemeint hat, der Arbeitnehmerschutz sei sozusagen die Schlinge um den Hals der Tourismuswirtschaft, hat er, wie ich meine, etwas überzogen. Denn es liegt nicht an den Arbeitnehmern, die in der Tourismuswirtschaft arbeiten, daß die Tourismuswirtschaft am Boden ist. Es hat noch kein Arbeitnehmer einen Betrieb umgebracht, sondern Betriebe bringen sich selber um. Es wird zwar geplant und gebaut, aber die Finanzposten werden nicht beachtet. Also daß der Arbeitnehmerschutz die Todesschlinge des Tourismus ist, das stimmt auf keinen Fall. Das wollte ich nur zu seinen gestern gemachten Ausführungen anmerken. (Beifall bei der SPÖ.)

Aus einem Papier der Wirtschaftskammer, das ich kürzlich in die Hand bekommen habe, geht klar hervor: Immer wenn es Schwierigkeiten in der Wirtschaft, auf dem Arbeitsmarkt gibt, werden Forderungen gestellt. Ich möchte Ihnen einige Punkte aus dem Forderungspapier der Wirtschaftskammer vorlesen. Die Wirtschaftskammer sucht die Probleme auch nicht bei sich selbst, sondern bei den Arbeitnehmern, und zwar im Bereich der Sozialpolitik.

Folgendes wird angeführt: Rückführung des bestehenden ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, Aliquotierung des Urlaubsanspruches im Verhältnis der im jeweiligen Dienstjahr zurückgelegten Zeit, Anrechnung eines Teils des Kuraufenthalts auf Urlaub, ein Krankenstandstag als Selbstbehalt beziehungsweise Anrechnung auf Urlaub, Abschaffung eines Feiertages. Im Gegenzug wird für die Industriepolitik besondere wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Berücksichtigung spezieller Industriebereiche gefordert. Also dort sollte man fest fördern, während man bei den Arbeitnehmern fest sparen will.

Was den Arbeitnehmerschutz betrifft, fordert die ÖVP, die Nachtarbeit aufzumachen, und zwar – das ist heute schon einige Male gesagt worden – ohne jegliche Ausgleichsmaßnahmen. Dies geht also wieder zum Nachteil der Arbeitnehmer. Das, was jemals gemeinsam erarbeitet wurde, wird auf der Arbeitnehmerseite sofort wieder herunterverhandelt.

Die ÖVP will das Arbeitsgesetz auf Betriebsebene regeln oder im Einzelvertrag. Die SPÖ will dies auf Kollektivvertragsebene tun. Warum denn, meine Damen und Herren von der ÖVP? – Wenn man den Schutz der Schwächeren will, dann kann man das doch nur im Kollektivvertrag regeln. In Zeiten, in denen Arbeitsplatzmangel herrscht, wird doch, wenn der Dienstgeber sagt, daß der Arbeitnehmer etwas machen soll, nie und nimmer jemand sagen, daß er etwas nicht machen will, denn dann braucht er am nächsten Tag nicht mehr zu erscheinen.

Meine Damen und Herren! Arbeitnehmerschutz im Sinne von Prävention ist für die gesamte Volkswirtschaft von Bedeutung; er trifft Vorkehrungen und sorgt dafür, daß Gefahren vermieden werden. Arbeitnehmerschutz sollte aber positiv getragen werden, und entscheidend ist, wie das in der Praxis gemacht wird. Es sollte nicht so sein, daß der "Sicherheitsbeauftragte" – unter Anführungszeichen – seine Position in der Weise ausfüllen soll, daß er sozusagen dafür verantwortlich gemacht wird, wenn im Betrieb etwas passiert. Man muß ihm sehr genau sagen, daß er die Leute zu informieren hat und daß es seine Aufgabe ist, Mängel festzustellen und diese an den Dienstgeber weiterzugeben. Man darf es ihm gegenüber nicht so darstellen, daß er verantwortlich ist, wenn etwas passiert, denn verantwortlich ist letztendlich noch immer der Betrieb. Diese verkehrte Vermittlungsweise darf es nicht geben. (Abg. Dr. Feurstein: Na, bitte!) Bitte,


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