Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 55. Sitzung / Seite 38

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Wenn Sie letztendlich in einem Marathon, meine Damen und Herren, 17 Punkte formuliert haben, dann, muß ich sagen, gibt es darunter einiges – ich habe es erwähnt –, was wir von vornherein als Mindestbedingungen genannt haben. Anders kann man ein solches großes Geschäft, das größte in der Wirtschaftsgeschichte der Zweiten Republik, nicht verantworten und nicht vertreten.

Erlauben Sie mir, Sie darauf aufmerksam zu machen: Sie haben in dieser Nacht auch viel Unsinn beschlossen. Meine Damen und Herren! Erklären Sie mir noch einmal: Was meinten Sie mit "Arbeitsplatzgarantie"? Welche Arbeitsplatzgarantie haben Sie im Sinn – eine Kreiskyscher Prägung wie seinerzeit bei der VOEST-Alpine? Ist es das, was Sie im Sinn haben, und was darf es kosten? Wieviel Milliarden darf es kosten? (Zwischenrufe.) Haben Sie eine Arbeitsplatzgarantie im Sinn à la Semperit? Wollen Sie das? Oder à la "Konsum"? Welche Arbeitsplatzgarantie meinen Sie denn? Haben Sie noch nicht gelernt, daß ein Politiker, wenn er Arbeitsplätze garantieren will, alle gefährdet?

Glauben Sie nicht, daß es den Mitarbeitern in der Creditanstalt und in der Bank Austria zuzumuten ist, daß sie dieses Problem ihrer eigenen Arbeitsplatzsicherung mit ihrem Management selbst in die Hand nehmen, und zwar durch Leistung und durch Bestand im internationalen Wettbewerb? Die Damen und Herren, die dort arbeiten, sind dazu in der Lage, und sie werden es Ihnen auch beweisen. Sie brauchen denen nichts zu garantieren. Vor allem sollten Sie nicht einfach billig etwas einheimsen wollen und sagen, ja, das können wir für uns in Anspruch nehmen: Wir haben die Arbeitsplätze gesichert – die Sie vorher verbal gefährdet haben, indem Sie Schreckgespenster an die Wand gemalt haben.

In jeder Branche, auch im Bankwesen, gibt es so viele Arbeitsplätze, wie es der Wettbewerb zuläßt. Es gibt so viele Arbeitsplätze, wie es das Geschäftsvolumen, das hoffentlich von kompetenten und guten Mitarbeitern dort erarbeitet und erwirtschaftet wird, zuläßt – und nicht so viele Arbeitsplätze, wie eine politische Partei oder eine Regierungskoalition gerne sehen möchte. Das ist ein Irrtum! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich glaube, daß Sie auch sonst noch einige Fehler in diesem Papier gemacht haben. Zum Beispiel – das ist wieder einmal so treffend – sagen Sie: Gut, jetzt verabschieden wir uns von der Konsolidierungsvorschrift. – Sie wissen, das ist ein Gesetz, das wir im vorigen Jahr in diesem Haus beschlossen haben. Und jetzt wollen Sie dieses Gesetz, das wir beschlossen haben, wieder abändern? Das ist nicht das, was wir unter fixen, berechenbaren, vertrauenseinflößenden Rahmenbedingungen verstehen.

Meine Damen und Herren! Das ist ein neuerlicher Sündenfall, den Sie hier begehen, so wie rückwirkende Gesetze; so wie Verfassungsgesetze, die Sie willkürlich herbeiführen, um dem Verfassungsgerichtshof die Chance zu geben, eine Bestimmung aufzuheben; so wie Sie Steuerzahlern rückwirkend, ohne daß sie es gestalten können, in den Säckel greifen. Auch das ist ein solcher Sündenfall. (Beifall beim Liberalen Forum.) Rückwirkende Gesetze sind nicht fair, und sie steigern nicht das Vertrauen: weder von Wirtschaftstreibenden noch von anderen Österreicherinnen und Österreichern in diese Bundesregierung.

Lassen Sie mich zum Schluß noch auf die Zukunft zu sprechen kommen, auf jene Aspekte, die unserer Meinung nach im Mittelpunkt stehen sollten. Es ist ein großes Anliegen, daß wir so rasch wie möglich die gewünschte und notwendige Vielfalt im österreichischen Bankensektor wiederherstellen, Vielfalt insofern, als die Institute zueinander in einer vergleichbaren Größe sein sollten, damit sie in diesem Wettbewerb auch bestehen können.

Ich glaube, daß sich in der Bankenlandschaft neben den Aktienbanken zwei Sektoren in besonderem Maße anbieten, hier erwähnt zu werden. Das eine ist der große Sparkassensektor mit 74 Instituten und einer GiroCredit, die aus dem Einfluß der Anteilsverwaltung der Zentralsparkasse entlassen werden soll. Da bietet es sich an, daß diese 74 Sparkassen über eine Holding-Lösung, nach meiner Vorstellung aber durch die noch strengere Einbringung gegen Gewährung von Anteilen, zu einer schlagkräftigen zweiten Großbank in Österreich würden. Meine Damen und Herren, Sie, die Sie sich mit dieser Frage auseinandersetzen, wissen, daß das die größere


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