Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 41

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Diese Versäumnisse der Betriebe selbst gibt es, und diese Versäumnisse der Betriebe sind schmerzhaft, und ich bin jedem von Ihnen, meine Damen und Herren, dankbar, der immer wieder zu mir kommt und mir einzelne Sachen erzählt. Sie runden mein Bild ab. Ich bedanke mich dafür. Ich nehme diese Kritik gerne zur Kenntnis, nur weiß ich, daß dieses schlechte Verhalten von Betriebswirtschaften am Markt unnachsichtig "honoriert" wird, nämlich durch Ausscheiden aus dem Markt. Das ist schmerzhaft genug.

Wir können es uns aber nicht so einfach machen, zu sagen: Wenn die alle besser wären, dann wäre das Problem gelöst. – So ist es nicht! Denn bis 1992, in einem wachsenden Markt, haben alle diese Betriebe einigermaßen leben können, die guten wie die schlechten, und auch nach 1992 kann es ja nicht sein, daß auf einmal zwei Drittel eines gesunden und guten Kerns der Betriebe vom kollektiven Wahnsinn gebissen wurden und nur mehr Gäste mißhandeln. So kann es ja wohl nicht sein!

Herr Bundesminister! Es wurde über mikroökonomische Fragen, über Fragen der Rahmenbedingungen bereits sehr viel gesagt. Nur eines steht fest: Diese Rahmenbedingungen, die die Betriebe beeinflussen, diese 70 S pro Kubikmeter Abwasser, spielen eine Rolle. Wir haben Politik im Umweltbereich, im Verkehrsbereich, im Steuerbereich, im Sozialbereich gemacht, haben sie aber nie kumuliert. Wir haben nie gesagt: Was heißt denn die Summe der Maßnahmen, als Rahmenbedingung gesehen, für den einzelnen Betrieb? Was hat das insgesamt gesehen für einen Einfluß?

Heute stehen wir vor dem Problem, daß Österreich einer der teuersten und mit der Schweiz gemeinsam überhaupt der teuerste Tourismusstandort der Welt ist. Touristische Ströme fließen immer von Hochkostenländern zu Niedrigkostenländern. Touristische Ströme fließen immer von Hartwährungsländern zu Weichwährungsländern. Wer gegen den Strom schwimmen will – und die Gäste, die unser Land besuchen, müssen gegen den Strom schwimmen –, kann nur dann angezogen werden, wenn wir qualitativ um genau das Stück besser sind, wenn wir qualitativ um genau das emotional besser im Produkt sind, als die Kosten und damit die Preise höher sind als bei der Konkurrenz.

Ich meine, daß die Politik damit nicht auskommen wird, punktuell an dieser Frage herumzudoktern, sondern sie wird sich in einem touristischen Masterplan damit eingehend beschäftigen müssen. Die vielen Studien, die Frau Rossmann gezeigt hat, sind sicher wichtig und notwendig gewesen; sie hat sie auch als gut und richtig qualifiziert. Wir brauchen einen zusammenfassenden Masterplan, der definiert, was diese Republik und die neun für Tourismus zuständigen Bundesländer gemeinsam wollen, wohin sich der Tourismus entwickeln soll. Das hat nichts mit Fünfjahresplanung zu tun, das hat nichts mit Planwirtschaft zu tun. Das ist eine Rahmenleitlinie, wo man sich den Kopf darüber zerbricht, wie es weitergeht. Und wenn wir nicht spätestens jetzt und heute – ohnehin schon um Jahre zu spät – über diese Frage nachdenken, wird die Tourismuswirtschaft weiter zurückgehen, sie ist ja schon auf dem Weg dorthin.

Das heißt also, die 2 Prozent Deviseneinnahmen vom Bruttoinlandsprodukt, die wir bereits verloren haben, fehlen uns schmerzhaft beim Wirtschaftswachstum. Österreich steht heute an der letzten Stelle der Europäischen Union, was das Wirtschaftswachstum betrifft. Hätten wir die 2 Prozent Deviseneinnahmen aus dem Tourismus dazu, wären wir im Spitzenfeld. Offensichtlich war dieses Wirtschaftswunder Österreich nicht zuletzt auch ein touristisches. Jetzt, wo das wegfällt, hat die Bundesregierung keine Antwort darauf. Sie hätte sie eigentlich vor drei Jahren finden müssen. Ich habe es als meine Aufgabe angesehen, hier bereits im März 1992 zu sagen: Da tut sich etwas, handeln Sie! Im März 1995 und 1996 habe ich wiederholt darauf hingewiesen. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Es wurde damals als nicht relevant angesehen, was ich bedauere. Es hilft uns nicht, das zu kritisieren. Die Frage ist: Wie kommen wir in der Zukunft weiter? Haben wir also den Mut, diesen Masterplan zu definieren, der alle Bereiche umfaßt, denn die Tourismuswirtschaft ist die exportintensivste Branche dieses Landes, die letztlich die wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen, ja dieses Land international verkauft! Nützen wir die


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