Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 65

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Das sieht man auch überdeutlich bei den leidigen Themen Theiß und Lambach. Da kommt dann sofort der Zwischenruf: Das ist umweltfreundliche Energie! – Natürlich ist etwas, das in einem Wasserkraftwerk erzeugt wird, umweltfreundlich, das bestreitet ja niemand. Es stellt sich nur die Frage: Ist es verantwortbar, daß zu einem falschen Zeitpunkt an einem falschen Ort ein Wasserkraftwerk gebaut wird, das volkswirtschaftliche Lasten bringt, beschäftigungspolitisch vernachlässigbare positive Effekte, kurzfristige kleine schmerzstillende Elemente hat, außerdem in diesem Fall die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Gesellschaft, nämlich der OKA, und des Gesamtsystems verschlechtert und mit einer massiven Front von seiten des Umweltschutzes konfrontiert ist? Man fährt sozusagen mit dem Bagger über die Leute drüber, um ihnen höhere Strompreise zu verschaffen. Also ich meine, das ist überhaupt nicht mehr einsichtig. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Natürlich sind die Motive da ganz andere. Man will im eigenen Territorium, und sei es noch so klein, eine Investition vorzeigen können, und sei sie noch so unwirtschaftlich. Es war ja im Ausschuß unüberhörbar, wie auf ausdrückliches Befragen – eine Wissensfrage war das – der Vorstand der Verbundgesellschaft erklärt hat: Selbstverständlich sind wir in der Lage, nachhaltig, langfristig und gesichert Strom zu liefern, zu Preisen, die deutlich unter dem liegen, was Lambach kosten wird, und die deutlich unter dem liegen, was Theiß kosten wird.

Eine Garantie auf die nächsten 100 Jahre ist so etwas natürlich nicht. Aber wenn Lambach ein sinnvolles Projekt sein sollte – was ich bezweifle –, dann kann man es auch in fünf Jahren noch bauen, wenn sich herausstellen sollte, daß sich die Versorgungslage auf der Verbundebene verändert hat. Dann muß es nicht heute gegen massiven Widerstand, unter Verkürzung von Rechtsmitteln und so weiter gebaut werden, das ist das Entscheidende dabei. (Beifall beim Liberalen Forum.)

All das bedeutet letztlich, daß wir eindeutig ein Strukturproblem haben. Und so sehr ich an und für sich ein Freund von Dezentralisierung und möglichst großer Autonomie vor Ort bin: Wir werden eine neue Elektrizitätsorganisationsstruktur brauchen.

Der Bundesminister hat sich bereits dazu geäußert, und es laufen ja auch schon Gespräche. Aber einfach wird das nicht werden. Wenn wir wirklich eine vernünftige Elektrizitätsstrukur schaffen wollen, dann bleibt letztlich organisationsmäßig kein Stein auf dem anderen. Es wird zwar dann wieder ein Gebäude sein, in dem sich die Bundesländer wohlfühlen können, in dem die gesamtösterreichischen Interessen gut abgedeckt sind, aber es wird anders aussehen müssen, als das jetzt der Fall ist.

Das heißt nicht, daß man irgend jemandem die Mitwirkungsrechte kürzen will, und das vielbehauptete Argument der Bundesländer, man wolle sie entmachten, ist völlig aus der Luft gegriffen. Es geht nur darum, daß die Mitwirkungsrechte so gestaltet werden müssen, daß sie lebbar sind.

Außerdem darf ich schon daran erinnern: Diese Binnenmarktrichtlinie ist ein außenliegender Zwang zur Verbesserung der Strukturen. Er ist keine direkte Handlungsanleitung für bestimmte Strukturen, wir müssen sie uns selber schaffen. Aber daß wir mit den jetzigen Strukturen nicht weitermachen können, das weiß jeder, der sich in der Elektrizitätsszene auskennt.

Es ist eine Spiegelfechterei, so zu tun, als ob es keines grundlegenden Reformwerkes bedürfte, mit einer tatsächlich als Verbundgesellschaft bezeichenbaren Netzgesellschaft, mit "unbundeling", das heißt, mit der Trennung der Unternehmensgegenstände Erzeugung, Versorgung und Großmengentransport, damit eine kostenkontrollierende Gewaltenteilung in das System eingeführt wird und insbesondere, damit wir im internationalen Wettbewerb bestehen können.

Der Preisdruck von außen hat viele Gründe: Das eine ist Dumping über die notleidende, weil extrem teure französische Atomindustrie. Ich muß das deutlich sagen: Das sind Dumpingpreise, die vom militärischen Sektor preisgestützt werden. Aber das ist ein Phänomen, mit dem wir zurechtkommen müssen, solange es uns nicht gelingt, auf europäischer Ebene zu erreichen, daß dieses Dumping eben nicht stattfindet, daß Atomstrom nur zu Vollkosten, also zu echten


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite