Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 85

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Sie vererben aber auch ein Budget 1997, von dem Sie selbst gesagt haben, daß Ihrer Meinung und Ihrer Einschätzung nach mit einem Fehlbetrag in der Höhe von 8 Milliarden gegenüber der Prognose zu rechnen ist. Dabei, Herr Bundesminister, ist zu bedenken, daß es bei diesem Budget, bei diesem Doppelbudget 1996/97 eine ganze Reihe von Effekten gibt, die in den kommenden Jahren 1998 und 1999 nicht mehr wiederholbar sind.

Wenn wir nur daran denken, daß Sie die Verlustvorträge zwei Jahre lang gestoppt haben, daß Sie einen 13. Monat erfunden haben – nicht Sie, sondern Ihr Vorgänger im Amt – und damit nach ein paar tausend Jahren den Kalender neu gestaltet haben, dann sind das Punkte, zu denen man sagen muß: Das waren zugegebenermaßen – ich will nicht sagen Tricks, weil ich das schon einmal gesagt habe – Maßnahmen, um ein ganz bestimmtes Ziel und eine Optik zu erreichen. Aber diese Maßnahmen stehen für 1998 und 1999 nicht mehr zur Verfügung.

Weiters, Herr Bundesminister, müssen wir uns doch eingestehen, daß alles, was einnahmenseitig sozusagen ohne erbitterten Widerstand von breiten Bevölkerungskreisen umsetzbar war, nämlich Kapitalertragsteuer, Mineralölsteuer und vieles andere mehr, in diesem Sparpaket II beinhaltet war und alles weitere, was Sie hier einnahmenseitig noch planen könnten, auf einen immer stärker werdenden Steuerwiderstand und auf eine immer stärker werdende Verbitterung der Bevölkerung stoßen würde.

Sie selbst und auch der Herr Bundeskanzler haben ja mehrfach betont, es werde kein Sparpaket III notwendig sein. Wir haben Ihnen in dieser Beurteilung bisher immer widersprochen, und daher ist es ja heute wichtig und auch dringlich, daß Sie hier noch einmal Ihre Positionen festmachen, bevor Sie nächsten Dienstag Ihr neues Amt antreten.

Sie vererben Ihrem Nachfolger noch etwas, und das ist eine große Hürde. Er muß schon in wenigen Wochen nach Ihren eigenen Vorstellungen und nach Ihrem eigenen Programm die Budgets der Jahre 1998 und 1999 verhandeln und auch formulieren, zu einem Ende bringen, und somit muß er diese Hürde aus dem Stand springen.

Dabei, Herr Bundesminister, müssen wir damit rechnen, daß er auch noch Bleipatscherln auf die Füße bekommt. Er hat nämlich einen Koalitionspartner, der, insbesondere durch den CA-Deal tief gekränkt – ich würde sagen gedemütigt –, eine nur geringe Bereitschaft zeigen wird, konstruktiv – so ist es zumindest zu befürchten – mitzuarbeiten und Ihnen beziehungsweise Ihrem Nachfolger diese Aufgabe zu erleichtern. Wenn daher am 27. Oktober 1997 die Budgetrede in diesem Haus vom noch unbekannten Nachfolger gehalten werden soll, dann ist das doch, Herr Bundesminister, eine wirklich beachtliche Aufgabenstellung.

Das Allerentscheidendste aber, Herr Bundesminister, das Sie in Ihrer Erbschaft hinterlassen, und der größte Brocken ist nach meinem Dafürhalten die Staatsschuld.

Ich glaube, wir haben ungefähr zur selben Zeit studiert, auf jeden Fall waren wir ungefähr 1970 fertig oder schon zwei, drei Jahre noch als Optimisten – so glaube ich – im Beruf. In diesem Jahr 1970, erste Regierung Kreisky, betrug die Staatsschuld, wie Sie, Herr Bundesminister, natürlich genau wissen und sich die Damen und Herren Kollegen vielleicht wieder erinnern mögen, 47 Milliarden – siebenundvierzig! –Schilling. Das ist ein Betrag, der gerade ungefähr der Hälfte dessen entspricht, was wir heute für die kommenden Jahre als Jahresdefizit planen.

Meine Damen und Herren! Es wäre wahrlich eine Erleichterung, wenn wir mit einer Schuld in einer solchen Dimension in das nächste Jahrtausend gehen könnten.

1986, als Herr Bundeskanzler Vranitzky sein erstes Kabinett gebildet hat, betrug die Staatsschuld 780 Milliarden Schilling. Wir haben uns erlaubt, sie nach Maastricht-Kriterien rückzurechnen. Sie, Herr Bundesminister, hinterlassen Ihrem Nachfolger eine Staatsschuld in der Höhe von rund 1 750 Milliarden Schilling.

Ich möchte betonen, nicht Sie direkt und nicht Sie ad personam haben in diesem Jahr Ihres Finanzminister-Daseins das angehäuft, das ist klar. Aber diese Entwicklung in den Jahren von 1970 bis 1996 war immer von einem sozialistischen Bundeskanzler und einem sozialistischen


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