Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 86

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Finanzminister getragen. Das, meine Damen und Herren, müssen wir einmal als ganz wesentliche, und zwar schädliche Erbmasse hier definieren. Ich glaube, das ist wichtig. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Es ist insbesondere auch deshalb von enormer Bedeutung, weil Sie ja selbst hinsichtlich Ihres Konvergenzprogrammes und Ihres Budgetprogrammes kürzlich im Ausschuß keinen Zweifel daran gelassen haben und keine Hoffnung haben aufkommen lassen – ich muß das leider teilen –, daß diese Staatsschuld in absehbarer Zeit reduziert werden könnte.

Wir haben – im Gegenteil – eine gegen die Maastricht-Kriterien laufende Tendenz: Nicht sinkende Staatsverschuldung in Prozenten zum Bruttoinlandsprodukt ist zu erwarten, sondern eine steigende Tendenz. Es ist meiner Ansicht nach kein Trost, Herr Bundesminister, daß es andere Länder Europas gibt, die noch höhere Staatsschulden im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt haben, wie Italien, Belgien et cetera. Es ist vor allem auch deshalb kein Trost, weil bereits in einigen dieser Länder, zum Beispiel in Italien, die Trendwende geschafft wurde, offensichtlich weil man sich der Gefahr dieses volkswirtschaftlich und finanzwirtschaftlich wichtigen Faktors bewußt ist und daher tatkräftiger und entschlossener zu Reformen geschritten ist.

Herr Bundesminister! Wir haben diese Aussicht nicht oder nur in sehr beschränktem Umfang. Nicht einmal in Anbetracht des Privatisierungserfolges der CA – und ich bestätige, es ist ein Erfolg, dafür 17 Milliarden Erlös zu erhalten – erscheint es mir in irgendeiner Form plausibel oder aussichtsreich, den Saldo umzudrehen. Statt 90, 93 Milliarden Schilling Defizit bräuchten wir ja einen Primärüberschuß in dieser Größenordnung von 90 Milliarden, damit die Staatsschuld nicht weiter wächst.

Herr Bundesminister! Ich weiß nicht, wie viele Silbergegenstände wir noch in der Schatzkammer Österreichs haben. Ich meine, die CA war ein großer Silberling, ein wertvolles Stück. Jetzt haben wir noch die Bundesforste und einiges andere. Wenn ich das aber nur einigermaßen im Kopf zusammenzähle, dann komme ich nicht auf diese Hunderten Milliarden, die benötigt würden, damit Sie die Staatsschuld dauerhaft absenken können.

Es ist daher, Herr Bundesminister, an der Zeit, bevor Sie sich aus Ihrem Amt verabschieden und eine neue, größere Verantwortung übernehmen, daß Sie uns auch darüber Ihre Ansichten mitteilen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Gerade die Staatsschuld – das sollte uns allen bewußt sein, unabhängig von den jeweiligen Parteizugehörigkeiten – ist eine der ganz entscheidenden Kriterien für Maastricht, und es wird ein Kriterium bleiben müssen. Es gibt keinen Ausweg, auch wenn man es mildern wird und auch wenn man Übergangszeiträume schaffen wird – letztendlich wird die Staatsschuld wie das Budgetdefizit eines der Kriterien bleiben, und es wird deren Einhaltung nicht nur gefordert, sondern im Sinne von Strafmaßnahmen oder Sanktionen auch verfolgt werden.

Herr Bundesminister! Wir sollten bei der ersten Welle – das wissen Sie, und das unterstützen Sie auch – dabei sein, nicht bei der zweiten. Denn wären wir es nicht, hätten wir fatale Folgen für unseren Staatshaushalt zu erwarten: teurere Refinanzierungsmöglichkeiten für die Staatsschuld und daher – ein Teufelskreis – weiter steigende Schulden und damit wieder höhere Zinsenlasten und so weiter.

Herr Bundesminister! Ich glaube, Sie sollte uns Ihre Perspektive nennen, die Sie uns heute als Finanzminister mitteilen, und nächste Woche werden wir dann Ihren Standpunkt als Bundeskanzler, vielleicht eben zu diesen Themen, damit vergleichen können.

Herr Bundesminister! Was aber erben Sie? – Sie erben – wir haben es so getauft – einen Reformstau. Sie erben jene versäumten Reformen der Kabinette Vranitzky I, II und III, die in allen Regierungserklärungen – ich habe sie mir gestern und heute in Vorbereitung auf diese Begründung durchgelesen – versprochen, definitiv zugesagt, zum Teil sogar mit Fristen, und nicht eingehalten wurden.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite