Keines der großen Reformwerke, die hier angekündigt wurden, können wir als gelöst oder als mutig begonnen bezeichnen.
Herr Bundesminister! In meinen Augen – auch für Sie als Finanzminister und für Ihren Nachfolger – von essentieller Bedeutung und dringlichst einer Lösung zuzuführen ist die Frage der Pensionsreform. Ebenso in den siebziger Jahren, Herr Bundesminister, als wir unser Studium beendet hatten und als wir also jung oder noch jünger waren, haben wir schon gewußt, daß mit großer Wahrscheinlichkeit unsere eigenen Pensionen bei Aufrechterhaltung des Systems und ohne maßgebliche Änderungen und einschneidende Veränderungen in den Parametern des Systems nicht gesichert sein werden. Was werden Sie als Bundesminister heute und als Bundeskanzler am Mittwoch der jungen Bevölkerung, die in das Erwerbsleben eingetreten ist, den Österreicherinnen und Österreichern sagen, wie es mit ihrer Pension ausschaut? – Meine Damen und Herren! Nach meinem Dafürhalten: finster. Es wird nicht machbar sein.
Wir werden einmal den Mut aufbringen müssen, bezüglich der drei Lösungsmöglichkeiten – länger arbeiten, weniger Pension beziehen oder höhere Beiträge leisten – klarzulegen, welchen Weg diese Republik, dieses Land zu gehen bereit und in der Lage ist und was auch politisch durchsetzbar ist.
Herr Bundesminister! Der zweite große Bereich: das Gesundheitswesen. Auch in den Regierungserklärungen 1986, 1987 des Herrn Vranitzky steht als dringlichste Aufgabe die Lösung der Probleme des Gesundheitswesens und die Finanzierbarkeit desselben. Wir haben nach zehn oder zwölf Jahren – ich weiß es gar nicht ganz genau – jetzt zum 1. Jänner 1997 den KRAZAF beseitigt, damit aber noch keine Reform bewältigt und nicht einmal eingeleitet.
Wir werden nicht darum herumkommen, Herr Bundesminister, die Kostentransparenz, die Versicherungspflicht, die Eigenverantwortlichkeit und die größere Flexibilität auch in diesem Bereich einzuführen. Es muß damit aufgehört werden, der Bevölkerung zu sagen, Kranksein koste heute nichts und werde auch in Zukunft nichts kosten, und sie damit in einer Illusion zu wiegen. – Es wird etwas kosten, und zwar weit mehr, als heute über die Beiträge, die auch Kosten für den einzelnen darstellen, dokumentiert ist.
Herr Bundesminister! Der dritte Reformstau, den Sie erben werden, und alle weiteren Staus werden zu ihrer Beseitigung Mittel erfordern. Sie werden Kosten verursachen, Anlaufkosten. Diese werden in Milliardenhöhe zu beziffern sein. Der dritte große Reformstau ist sicher jener im Rahmen des Transfers für Sozialleistungen.
Ich habe in den zwei Jahren, in denen ich jetzt hier im Haus bin, verschiedene Meinungen von der Regierungsbank aus gehört, von Lacina, Ditz, auch von Klima, auch von Vranitzky. Es freut uns ja, daß sich langsam die liberale Meinung durchsetzt, wir brauchen soziale Staffelungen. Nur der Reformstau in diesem Bereich ist nach wie vor vorhanden, er ist drückend. Wir sind zwar in der Zwischenzeit von der Möglichkeit, von der Notwendigkeit überzeugt – und das offensichtlich mehrheitlich –, aber wann, meine Damen und Herren, werden wir uns endlich dazu durchringen können, auch konkrete Maßnahmen zu beschließen und einen Beginn zu schaffen?! – Es wird lange genug dauern, bis die Maßnahmen wirken und tatsächlich zu einer Entlastung führen. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Herr Bundesminister! Der nächste große Punkt: die Verwaltungsreform. Österreich ist mit 21 Prozent Anteil der Erwerbstätigen am öffentlichen Dienst Rekordhalter, das wissen Sie. In den Regierungserklärungen Ihres Vorgängers der Jahre 1986, 1987, aber auch in den anderen Regierungserklärungen ist immer wieder dieses Thema Verwaltungsreform angeführt. Ich möchte die Verdienste des Herrn Staatssekretärs Schlögl nicht schmälern. Das, was er getan hat, ist in Anbetracht österreichischer Umstände und Verhältnisse durchaus beachtenswert. Mit Reform, meine Damen und Herren, hat es aber nichts und schon gar nichts zu tun. Die Reformansätze müssen wesentlich tiefgreifender sein. Wir müssen davon wegkommen, daß wir ein Drittel unserer Staatsausgaben zur Entlohnung der Staatsdiener aufwenden müssen. Es würde uns erwürgen. (Beifall beim Liberalen Forum.)