Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 89

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habe schon mehrfach betont: Die österreichische Bundesverfassung kennt nur einen Bundeskanzler, und ich werde mich daher in der Antwort gleichfalls auf die Antwort eines Bundesministers für Finanzen beschränken.

Ich möchte allerdings, sehr geehrter Herr Abgeordneter Haselsteiner, doch einige Punkte ergänzen, bevor ich im Detail auf die Fragen eingehe.

Zu der von Ihnen dargestellten Entwicklung Österreichs in den letzten zehn Jahren und zu den Reformen möchte ich gleich sagen, daß natürlich Reformen nötig sind. Ich erlaube mir aber, anzufügen: Sie sind nötig, um den Spitzenplatz Österreichs in Europa, den wir erreicht haben, zu halten. Wir, die Österreicherinnen und Österreicher, haben nämlich in den letzten zehn Jahren sehr konsequent und ohne spektakulären Klamauk tatsächlich einen Spitzenplatz für Österreich in Europa erreicht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wenn wir dazu Vergleiche heranziehen, sehr geehrter Herr Abgeordneter, dann stellen wir fest: Unsere Zahlen in der Frage des Beschäftigungsniveaus, in der Frage der hohen Jugendbeschäftigung, in der Frage des Steuersystems können sich durchaus sehen lassen – denken Sie nur an den Entfall der Luxussteuer, Vermögensteuer, Gewerbeertragsteuer, eine Lohnsteuer für niedrige Einkommen, das ist nahezu einmalig, eine Negativsteuer, bei der die Lohnsteuerzahler etwas zurückbekommen.

Denken Sie daran, daß wir in der Frage der Direktinvestitionen von österreichischen Unternehmen im Ausland in diesen letzten zehn Jahren siebenmal mehr österreichische Unternehmen haben. Denken Sie daran, daß doppelt so viele Unternehmen an diesem guten Wirtschaftsstandort Österreich nun produzieren und tätig werden.

Aber ich sage gleich dazu, das ist kein Ruhekissen. Es ist nur eine sehr gute Ausgangslage, um die weitere Entwicklung, die wir im internationalen Umfeld nötig haben – Stichwort Osterweiterung, Binnenmarkt, Globalisierung der Märkte und des Wettbewerbes –, tatsächlich auch durchführen zu können.

Wir haben allerdings – ich sage das klar und deutlich – Reformbedarf, so wie wir ihn immer hatten und auch in Zukunft haben werden. Sie, Herr Abgeordneter Haselsteiner, aus einem Unternehmen kommend, wissen, daß Nicht-Voranschreiten Stillstand und Rückschritt bedeutet, Überholt-Werden bedeutet. Daher sind Reformen dringend erforderlich, und die Regierung hat mit dem Arbeitsprogramm bis zum Jahr 1999 klare Ziele definiert. Wir werden gemeinsam die Perspektiven für das nächste Jahrtausend zu erarbeiten haben und auch erarbeiten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir werden bei diesen Reformen auch Liebgewonnenes hinterfragen müssen. Wir werden bei diesen Reformen Flexibilität zeigen müssen, allerdings ohne unsere Grundsätze und Werte zu zerstören.

Eines der höchsten Güter in unserem Lande – da brauchen Sie nur so objektive Daten wie jene im World Competitiveness Report anzusehen – ist der soziale Zusammenhalt, der Blick auf die Schwächeren in unserer Gesellschaft, der Blick auf die in unserer Gesellschaft nicht so Begüterten, auf die Benachteiligten in unserer Gesellschaft. Diese Grundsätze und Werte werden wir auch in Zukunft beachten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir sollen nicht die Augen verschließen und Sorgen und Probleme auch sehen, aber nicht, um sie zu bejammern, sondern um zu handeln.

Ich darf hier ein Lieblingsbeispiel des Bundeskanzlers zitieren: Wir sollten zum Beispiel nicht dauernd die Unfinanzierbarkeit des Sozialsystems bejammern, sondern wir müssen eine Politik machen, um die Finanzierbarkeit unseres Sozialsystems sicherzustellen. Und wir werden diese Politik machen, Herr Abgeordneter Haselsteiner! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich bitte um Verständnis, aber ich lehne es ab, sich von Dogmen leiten zu lassen wie weniger Staat oder mehr Staat. Das sind Scheuklappen; wir werden die Offenheit brauchen. Wir haben


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