Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 118

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schreiner. Die Redezeit seiner Fraktion beträgt noch 7 Minuten.

17.33

Abgeordneter Mag. Erich L. Schreiner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Herr Kollege Gusenbauer – er ist jetzt leider nicht im Saal – hat davon gesprochen, daß wir bei der Einführung der Einheitswährung Euro einen Vertrauenspakt mit den Bürgern brauchen. Ich stimme dem zu.

Herr Kollege Gusenbauer, Herr Bundesfinanzminister und liebe Kollegen von den Regierungsparteien, machen Sie die Probe aufs Exempel! Die Freiheitlichen fordern vor der Einführung des Euro eine Volksabstimmung darüber. Das wäre die einzige Möglichkeit, um abzutesten, ob dieser Euro Vertrauen in der Bevölkerung genießt. Das meine ich mit Vertrauenspakt, wenn Sie ihn wirklich einfordern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Gusenbauer! Sie haben über die Frage der Steuerharmonisierung in der Europäischen Union gesprochen. Das ist ein aus ökonomischen Gründen sicherlich berechtigtes Anliegen, weil es nicht angeht, daß gewisse Staaten Steuerarten haben, die es in anderen Staaten nicht gibt, während dem Wettbewerb aber alle gleichermaßen unterliegen. Österreich erlaubt sich den Luxus einer 10prozentigen Getränkesteuer, alle anderen 14 EU-Staaten haben diese nicht.

Aber eines, Herr Kollege Gusenbauer, ist mir dabei nicht klar, nämlich wohin die Sozialdemokratie wirtschaftspolitisch eigentlich will. Sie reden von Steuerharmonisierung – richtig! –, das bedeutet aber auch, eine bestehende Bandbreite zu verengen. Bei der Umsatzsteuer haben wir die Situation, daß gemäß einer Empfehlung das Mindestmaß an Umsatzsteuer bei einem Prozentsatz von 15 Prozent, das Höchstausmaß bei 25 Prozent liegt. Wie verhält es sich damit, liebe Kollegen von der Sozialdemokratie, daß ihr Abgeordneter Meier im Europäischen Parlament der Aufhebung dieser Deckelung von 25 Prozent zugestimmt hat, sodaß es jetzt in der Europäischen Union ganz einfach einen Freibrief dafür gibt, auf einmal mehr als 25 Prozent an Umsatzsteuer verlangen zu können?

Herr Bundesminister für Finanzen! Anläßlich der Behandlung der heutigen Dringlichen Anfrage des Liberalen Forums müssen wir aus freiheitlicher Sicht feststellen, daß wir beim Abwägen die Leistungen dieser Regierung, des letzten Kabinetts Vranitzky, aus unserer Sicht für zu leicht befinden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Das kommt drauf an, wer sich auf die Waage stellt! Da müssen Sie sich noch dazustellen! Sie hätten Übergewicht!) Wir haben drei Dinge festgestellt: eine permanente Unwilligkeit, Reformen durchzuführen, eine Unfähigkeit, diese auch wirklich anzugehen in den richtigen zeitlichen Abständen, und auch eine mangelnde Leistungsbereitschaft, was viele Reformen angeht.

Zwei Themen aus Ihrem Ressort, Herr Bundesminister, kommen mir in Erinnerung im Zusammenhang damit – ich habe das zuerst schon angesprochen –, wie man mit der geplanten Einführung der Einheitswährung Euro umgegangen ist, und das hängt auch zusammen mit der Frage: Kann man dieser Bundesregierung und ihren Repräsentanten wirklich Vertrauen entgegenbringen?

Herr Bundesminister! Drei Tage vor der berühmten EU-Volksabstimmung am 9. Juni 1994 gab es eine Presseaussendung der Sozialistischen Partei, in der es hieß: "Der Schilling bleibt erhalten." Etliche Tage danach, als das über die Bühne gegangen war, hat man gesagt: Mit der Akzeptierung des Maastricht-Pakets ist eindeutig der Weg, Verabschiedung des Schillings hinein in eine Einheitswährung, offen.

Herr Bundesminister! Lügen haben kurze Beine. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Es sind natürlich viele Leute draufgekommen, daß diese Presseaussendung vom 9. Juni nichts anderes war als ein Papier für die "Rundablage" – nicht mehr und nicht weniger. Die Frage, wie man mit der Wahrheit umgeht, ist, glaube ich, eine Kategorie, die sich Politiker wirklich zu Herzen nehmen sollten. Es ist ein Unterschied, ob man der Öffentlichkeit, den Bürgern die Wahrheit zumutet und


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite