Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 66

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die Zeit einholen und bestrafen, wenn wir nicht handeln. (Abg. Grabner: Sie haben überhaupt keine Ahnung, was in Ihrer Partei vorgeht!)

Oder Sie haben in Wirklichkeit zum ORF nichts zu sagen – dann ist Ihr Angriff auf den Rechnungshofpräsidenten ein Ablenkungsmanöver, das davon ablenken soll, daß die Sozialdemokratische Partei sehr lange gezögert und gebraucht hat, die Zeichen der Zeit, den Umbruch in der Medienlandschaft national wie international zu erkennen und auch in einer entsprechenden Reform des Rundfunkgesetzes, in einer entsprechenden Zulassung medialer Freiheit umzusetzen.

Herr Kollege Kräuter! Das ist auch eine mögliche Interpretation Ihrer heutigen Äußerung. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ und beim Liberalen Forum.)

Es hat natürlich auch Kollege Meischberger – eigentlich ohne einen direkten Zusammenhang mit unserer Sitzung hier – ausgeholt, um Ernst Wolfram Marboe eines "überzubraten".

Der Rechnungshof hat ganz klar gesagt – das ist sicherlich ein Problem der internen Leitungsstruktur des ORF –, daß die Gesamtverantwortlichkeit für Großprojekte nicht hinreichend klar geregelt ist. Das ist ein Problem der jetzigen Organisation, die er als suboptimal bezeichnet. Das aber für einen generellen Angriff auf Ernst Wolfram Marboe zu verwenden, ist sicherlich nicht gerechtfertigt. Ernst Wolfram Marboe hat den österreichischen Hörern und Sehern – ich würde es schon so sagen – kulturpolitische Großereignisse geboten, ob das das "Café Central" gewesen ist, ob das die Aktion "Licht ins Dunkel" gewesen ist, ob das eine der vielen kulturellen Initiativen gewesen ist, die sehr stark zur österreichischen Identitätsfindung beigetragen haben. Das einfach so wegzuwischen und den natürlich auch im Ausschuß zu Wort kommenden Ernst Wolfram Marboe nicht zu zitieren, der von einer persönlichen Intrige im jetzigen Umfeld, in dem der ORF arbeitet, gesprochen hat, halte ich für eine grobe Einseitigkeit.

Ich kann aber die Äußerungen des Kollegen Meischberger auch in einer anderen Richtung interpretieren: Möglicherweise hängen ihm und seiner Partei die Trauben zu hoch. Sein Einfluß wird aus seiner Sicht zu gering geschätzt. Wir alle wissen, meine Damen und Herren, wie ein Rundfunkkonzept à la Freiheitliche Partei aussehen wird: Das "Radio Freies Europa" gibt dafür ein sehr gutes Beispiel, nämlich vom Ausland zu senden, die Mitarbeiter unter der Sozialversicherungsgrenze zu bezahlen, den Rest mit sozialversicherungspflichtigen Werkverträgen anzustellen und darüber hinaus die Programme direkt von der FPÖ-Parteizentrale in Klagenfurt zu gestalten. – Das ist nicht unsere Vorstellung, wie man Rundfunk betreibt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Der Rechnungshofbericht – damit möchte ich wieder auf den Verhandlungsgegenstand zurückkommen – spiegelt eindeutig all jene Probleme wider, die eine öffentlich-rechtliche Anstalt hat, wenn sie sich plötzlich von einer Monopolsituation aufgrund der technischen Entwicklung in einer wettbewerblichen Umgebung wiederfindet. Ich glaube, wir Politiker sollten die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, damit sich dieses Unternehmen erstens ökonomisieren kann und zweitens als öffentlich-rechtliche Anstalt mit öffentlich-rechtlichem Auftrag auch Marktführerschaft übernehmen kann.

Für meine Partei ist klar: Wir wollen ein duales System, dazu bedarf es aber auch – da stimme ich mit Kollegen Kier überein – einer entsprechenden Unternehmensform, und als solche wurde die Aktiengesellschaft von allen Experten bezeichnet, mit klaren Verantwortlichkeiten. Weil der ORF aber einen öffentlich-rechtlichen Auftrag hat, muß dieser genauer als derzeit im Rundfunkgesetz definiert werden.

Wir sollten also mit der Reform der Gegenreform von Bruno Kreisky betreffend das Rundfunkgesetz 1974 nicht lange zögern und dem ORF und seinen Mitarbeitern sehr entschlossen die Möglichkeit bieten, in der stärker werdenden Konkurrenz, im internationalen Wettbewerb auch zu bestehen, und dabei den kulturpolitischen Auftrag, den wir mit einem solchen Medium verbinden, einschließlich der Verpflichtung zur Objektivität der Berichterstattung im Gesetz entsprechend absichern. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

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