Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 67

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Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wabl. – Bitte.

12.42

Abgeordneter Andreas Wabl (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kräuter! Sie haben in einem Punkt recht: Die Qualifizierung mit der dritten Ebene war sehr problematisch, denn ich kenne kein Unternehmen, in dem die dritte Ebene bestimmt, wer die erste Ebene ist, und auch kein Unternehmen, in dem die dritte Garnitur plötzlich auch die erste Ebene abwählen darf. (Abg. Leikam: So ist es!)

Herr Kräuter! Sie haben selbstverständlich recht, daß das hier das höchste demokratisch gewählte Gremium ist, das wir in Österreich, in einer demokratischen Republik, haben. Das muß sich aber nicht auch im Gehalt ausdrücken. (Abg. Dr. Kräuter: Das habe ich nicht gesagt!) – Insofern verstehe ich den mißglückten Versuch, hier einfach nur gehaltsmäßige Relationen (Abg. Dr. Kräuter: Das habe ich nicht behauptet!) und weniger demokratiepolitische Relationen herzustellen, deshalb bin ich nicht so ungnädig in der Kritik am Präsidenten des Rechnungshofes (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt ) , wenngleich die Kommission nicht mit einem Demokratieverständnis geglänzt hat, das wir uns wünschen würden.

Meine Damen und Herren! Die ORF-Problematik ist eine Problematik, die in unserem Land massiv verschleppt worden ist. Das hat mit vielen Dingen zu tun, das hat viele Gründe. Das hat auch damit zu tun, daß jeweils die Mächtigen in unserem Land großen Einfluß auf dieses Medium hatten und noch immer haben.

Deshalb ist dieses Thema besonders sensibel, und der Rechnungshofbericht berührt politische Bereiche, die extrem in eine ganz andere Dimension gehen, die nicht Aufgabe des Rechnungshofes sind. Der Rechnungshof hat viele Dinge klar dargestellt, hat sich aber auch in Bereiche vorgewagt, die sehr problematisch sind.

Die Empfehlung oder zumindest die Kenntnisnahme, daß sich hier die Rechtsform einer AG anbietet, ist meines Erachtens demokratiepolitisch sehr problematisch, und man sollte darüber ganz offen diskutieren, ob es notwendig ist, in einem Land wie Österreich eine reine Kommerzgesellschaft zu gründen, um in diesem sensiblen demokratiepolitischen Bereich zu einem guten Ergebnis zu kommen.

Meine Damen und Herren! Die Grünen wollen ein österreichisches, demokratisch kontrolliertes öffentlich-rechtliches Medienunternehmen haben, das sich auch in einem liberalisierten Markt durchsetzen kann. Das kann aber nicht bedeuten, daß all das, was der kulturelle Auftrag ist, was der öffentlich-rechtliche Anspruch ist, was der demokratiepolitische Hintergrund ist, beiseite gelassen wird, um ein schlagkräftiges Unternehmen österreichischer Provenienz zu kreieren.

Meine Damen und Herren! Das, was sich jetzt im Augenblick abzeichnet und was offensichtlich von einigen intendiert ist, ist ein rein kommerzielles Fernsehen mit ein paar Kompromissen und Angeboten an die jeweiligen Machthaber in unserem Land.

Meine Damen und Herren! Was sich in letzter Zeit medienpolitisch abspielt, ist ein Trauerspiel. Ich denke nur an einige Sendungen in der letzten Zeit, in denen manche Parteien einfach ausgeblendet werden, nur weil sie für dieses große Unternehmen zu klein sind. (Zwischenruf des Abg. Koppler. )

Herr Abgeordneter Cap! Sie wissen zu gut, wie in diesem Unternehmen politisch Einfluß genommen wird. Ich sage Ihnen: Ja, politische Einflußnahme bei solch einem Unternehmen ist korrekt. Die Frage ist, ob diese Einflußnahme transparent ist, der demokratischen Kontrolle unterliegt und ob alle Österreicherinnen und Österreicher nachvollziehen können, wie dieses Unternehmen geführt wird. Wenn Sie sich für einen anderen Weg entscheiden, nämlich den rein kommerziellen, dann müssen Sie zur Kenntnis nehmen, daß Sie darauf überhaupt keinen Einfluß mehr haben und nur die Rahmenbedingungen zu schaffen haben.


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