Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 68

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Wir sind für eine österreichische Lösung, mit der die Führung in diesem Unternehmen selbstverständlich genügend Spielraum hat, sich auch in der freien Marktwirtschaft zu bewähren.

Meine Damen und Herren! Die Situation, die wir jetzt haben, ist die, daß wir trotz Monopol nach wie vor massive Marktanteilsverluste haben. Wir haben eine unglaubliche Gegensteuerung mit meines Erachtens quotengeilen Peinlichkeiten, von denen ich jetzt nicht reden möchte. – Trotz Gebühren ist unser ORF manchmal schlechter als Private.

Meine Damen und Herren! Wir haben im ORF-Bereich nach wie vor – und das steht auch in diesem Bericht und ist gestern auch den einzelnen Klubs zugegangen – Betriebsvereinbarungen und Gehaltsschemata, angesichts derer ein Politiker unseres Schlages, Herr Koppler, nur rot werden kann.

Meine Damen und Herren! Es geht nicht an, daß die Politikerinnen und Politiker wegen ihrer unverschämt hohen Gagen, die es gibt, ununterbrochen der öffentlichen Kritik ausgesetzt sind, weil allzu oft von einigen die Politik als Selbstbedienungsladen verstanden wird. Es geht aber auch nicht an, daß in einem Medium, das bisher ein geschützter Bereich war, ähnliche oder zum Teil noch gravierendere Zustände herrschen und sich dort ein duales System der besonderen Art entwickelt, nämlich es gibt die einen, die ununterbrochen dabei sind, dem Unternehmen neue Nahrung zuzuführen, die aber bei den Bezügen möglichst kurzgehalten werden, und es gibt die anderen, die sich in diesem Unternehmen etabliert haben und sich auf eine Art und Weise bedienen, die gerade in Zeiten des Sparpaketes nur als Provokation verstanden werden kann.

Meine Damen und Herren! Wir Grünen sind für eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, aber wir sind gleichzeitig für eine Sicherung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, und wir sind gleichzeitig dafür, daß dieses Unternehmen in österreichischer Hand bleibt.

Meine Damen und Herren! Wir glauben, daß der Kulturauftrag ein besonderer ist und die Privatisierung nicht zielführend ist. Es gibt genug gesellschaftliche Beispiele, bei denen niemand von der Privatisierung redet, weil wir genau wissen, meine Damen und Herren, daß diese Entwicklung für die Demokratie nur nachteilig sein kann. Ich denke hier an den Schulbereich.

Meine Damen und Herren! Warum führt die ÖVP nicht die Diskussion, die Schulen zu privatisieren? Warum führt die ÖVP oder die FPÖ nicht die Diskussion, sämtliche Ausbildungsbereiche, sämtliche Sozialbereiche zu privatisieren? – Meine Damen und Herren! Das sind sensible Bereiche, nur eines geht nicht, nämlich daß sich die Politik davor drückt, klare Positionen zu beziehen. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Abschluß und zum Abschied des Bundeskanzlers Vranitzky zwei Sätze sagen. Wir haben in der Präsidiale darüber diskutiert, in welcher Form sich der Herr Bundeskanzler von diesem Haus verabschieden kann und soll.

Meine Damen und Herren! Ich halte es für eine Frage der politischen Courtoisie, daß ein Bundeskanzler, ganz gleich, von welcher Partei er kommt, nicht nur das Recht hat, hier von diesem Haus in einer angemessenen und würdigen Form Abschied zu nehmen, sondern daß es auch von den Abgeordneten in diesem Haus, ganz gleich, von welcher Seite, honoriert werden sollte – bei aller Kritik, die auch von den Grünen vorgetragen worden ist. (Beifall bei den Grünen, der SPÖ sowie dem Liberalen Forum.)

Bei aller Kritik, die von den Grünen vorgetragen worden ist, manchmal vornehm, manchmal weniger vornehm, ist es, so glaube ich, eine Frage des Anstandes, einem Menschen zu danken, der zehn Jahre an der Spitze dieser Regierung gestanden hat und der zehn Jahre seines Lebens dafür verwendet hat, in dieser Republik etwas weiterzubringen. Ob er in manchen Bereichen viel oder wenig weitergebracht hat, werden wir in vielen Diskussionen noch erörtern, aber diese Geste muß möglich sein. Ich danke im Namen der Grünen. (Beifall bei den Grünen, der SPÖ und dem Liberalen Forum.)

12.52


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