Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 173

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Ich meine, daß im Hearing hier im Parlament Kammerpräsident Dr. Jäger, aber auch der engagierte Tierschützer, Erstredner und sozusagen Einbegleiter dieses Hearings, Festetics, klargemacht haben, zu welchen Verzerrungen diese Artikel 15a-Regelungen für ein und dieselbe Tierart bei ein und demselben Nutzungszweck hier in Österreich führen und welch haarsträubende Ungerechtigkeiten den Tieren gegenüber aufgrund der heutigen Gesetzeslage entstehen und verursacht werden, auch welche Rechtsunsicherheit diesbezüglich existiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es sollte uns als Parlamentarier nicht egal sein, daß wir einer Rechtsunsicherheit noch Vorschub leisten. Wir sind der Verfassung verpflichtet, und mit dieser Verpflichtung gegenüber der Verfassung sind wir auch verpflichtet, dafür zu sorgen, daß Gesetze hier im Parlament verabschiedet werden, die nicht eo ipso Lücken aufweisen, die es Rechtsbrechern erst recht ermöglichen, einen Rechtsbruch zu setzen, und daß dieser nur ein Ausnahmefall ist, nämlich der Ausnahmefall jener verschwindend kleinen kriminellen Minderheit – auch Tieren gegenüber –, die weder in diesem Lande noch in der menschlichen Gesellschaft überhaupt zu beseitigen ist – auch durch das beste Gesetz nicht.

Ich kann daher dem Kollegen Großruck nur in einigen Teilen seiner Rede recht geben. Ich gebe ihm dort recht, wo ich glaube, daß der vorliegende Gesetzentwurf des Kollegen Kostelka nicht in allen Dingen ausgefeilt ist, und ich bin durchaus dankbar dafür, daß auch im Unterausschuß zum Ausdruck gekommen ist, daß man das als Diskussionsgrundlage betrachtet und nicht als der Weisheit letzten Schluß.

Wenn wir den Unterschriften und der Meinung der Österreicherinnen und Österreicher, die engagiert hinter diesem Volksbegehren gestanden sind und auch heute noch mit ihren Repräsentanten als spärlicher Rest der öffentlichen Meinung in Österreich hier unserer Diskussion folgen, Rechnung tragen wollen, dann sollten wir das nicht so einfach abtun. Wir haben Artikel 15a-Vereinbarungen, das Beste in der EU ist uns gerade gut genug – aber das Gute in Österreich werden wir erst dann tun, wenn wir das Beste in der EU erreicht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt einen alten Bauernspruch, den ich gerade den Landwirten hier in Erinnerung bringen möchte: "Das Ausgezeichnete ist der Feind des Guten." – Ich wäre zufrieden, wenn ich es nach zehn Jahren Diskussion im österreichischen Parlament – vermutlich am Ende meiner parlamentarischen Tätigkeit – irgendwann einmal in den nächsten Monaten hier noch erleben könnte, daß das Gute von diesem Parlament verabschiedet wird und das Ausgezeichnete auch in Europa die Vision für morgen, für übermorgen für die Mehrheit in diesem Parlament bleibt.

Lassen Sie mich aber auch noch auf aufgeworfene Fragen der heutigen Debatte zu sprechen kommen. Ich war 1973 ein junger Tierarzt, der die Tierärztliche Hochschule verlassen und seine dortige Tätigkeit als Assistent aufgegeben hat und in die österreichische Praxis, nämlich als Landpraktiker nach Spittal an der Drau, gegangen ist. Damals war es modern und aktuell, den extremen Kurzstand – Sie werden sich sicher noch erinnern, Kollege Schwarzenberger – zu postulieren. Alle Firmen, die Tierschutzgeräte, Stände und Stalleinrichtungen propagiert haben, hatten damals wunderschöne Fotos von angeblich glücklichen Kühen mit wunderschönen weißen Milchspiegeln – und das in einer Aufstallung, in der kein Schmutz zu sehen war, was auch aus hygienischen Gründen favorisiert wurde.

Legionen von Beratern sind in die Betriebe ausgeschwärmt, haben die Bauern veranlaßt, ihre Stände um Millionen Schilling umzubauen, bewährte Langstände, in denen sich die Tiere artgerecht niederlegen und ausruhen konnten, wegzuschremmen und auf das damals moderne Ausmaß zu verkürzen. Oben drauf kamen dann die elektrischen Kuhtrainer, die dafür sorgten, daß sich die Kühe dann auch tatsächlich nicht beschmutzen konnten, weil sie genau in jenen Zonen der Wirbelsäule, dort, wo die Eierstöcke und ihre entsprechenden Feedbackzonen in der Haut sind, elektrische Schläge bekommen haben, wenn sie ihren Kot und ihren Harn nicht ordnungsgemäß abgesetzt haben.


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