Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 60. Sitzung / Seite 39

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haben. Es wäre aber meiner Meinung nach sinnvoller gewesen, nicht jemanden, der mit einer solchen Vergangenheit belastet ist – um das einmal so auszudrücken –, zur Entscheidungsträgerin zu machen, sondern jemanden, der sich ohne diesen Ballast Reformen zuwenden kann. Aber das, Herr Bundeskanzler Klima, ist offensichtlich jene Handschrift, die Sie hinterlassen wollten.

Sie haben ja schon eine Handschrift hinterlassen: nämlich als Finanzminister. Sie haben heute – wie schon so oft – den Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern dafür gedankt, daß Sie in der Konsolidierung des Budgets weitergekommen sind. Ich bestreite nicht, daß sie da einen Schritt weitergekommen sind, die Frage ist nur, auf wessen Kosten und zu welchem Preis Sie das geschafft haben.

Sie haben das auf dem Rücken der Staatsbürgerinnen und Staatsbürger gemacht, insofern ist es auch gerechtfertigt, sich bei ihnen speziell dafür zu bedanken, daß sie das auch getragen haben. Nur: Daß Sie das einsehen, macht die Sache nicht besser.

Sie haben das aber auch dadurch geschafft, daß Sie locker über Verfassungsgrundsätze hinweggegangen sind. Sie sind maßgeblich verantwortlich dafür, daß dieses Belastungspaket eine Reihe von rückwirkenden Bestimmungen enthält, die verfassungswidrig wären, wären sie nicht von Ihnen mit einer Verfassungsbestimmung ausgestattet worden. Das heißt, Sie haben die Verfassung einfach in Ihre Richtung gebogen, möchte ich jetzt einmal sagen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kostelka. )

Sie sagen: Wir haben eben die Zweidrittelmehrheit. Das ist schon richtig! Sie können die Verfassung völlig ändern. Aber wenn Sie es so schleichend machen wie jetzt, dann ist dies politische Unredlichkeit, denn Sie wissen ganz genau: Wenn es um die Grundsätze der Verfassung geht, wenn es letztlich um eine Totalrevision der Verfassung geht, haben Sie die Bevölkerung zu fragen! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Sie machen das scheibchenweise mit einer Salamitaktik und sagen dazu nur: Wir haben die Mehrheit. Aber auf diese Art und Weise, Herr Kollege Kostelka, werden Sie die Glaubwürdigkeit in die Politik und vor allem die Glaubwürdigkeit in dieses Parlament nicht stärken können. Daher unterstelle ich Ihnen, daß das auch nur ein Lippenbekenntnis ist – weil es eben gut klingt –, denn sonst würden Sie sich daran halten und hätte sich auch der damalige Finanzminister und jetzige Bundeskanzler daran gehalten.

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie schon diese Hypothek in Ihrem Rucksack haben, wenn Sie schon dieses Verfassungserkenntnis, das heute bereits zitiert und in dem die Körperschaftsteuer als verfassungswidrig erkannt wurde, in Ihrem Rucksack haben, dann dürften Sie jetzt nicht so weitertun, was ich aber Ihrer Regierungserklärung entnehme.

Was führen Sie an, das angeblich bereits beschlossen ist und daher bereits zur Anwendung gelangen wird? – Der sogenannte Konsultationsmechanismus. Ich weiß, daß viele Österreicherinnen und Österreicher mit diesem Begriff nur sehr wenig anfangen können, aber wir sind hier im Parlament, und, Herr Bundeskanzler, ich darf Sie darauf hinweisen, daß das eines parlamentarisches Beschlusses bedarf und daß es daher eine Unglaublichkeit ist, wenn Sie in Ihrer Regierungserklärung davon so reden, als hätten Sie das bereits in der Tasche. Wie weit wollen Sie dieses Parlament noch degradieren? (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das heißt, das bedarf eines Verfassungsgesetzes. Und diese Zweidrittelmehrheit werden Sie brauchen; hoffentlich sind nicht wieder Abgeordnete von Ihnen krank, daß Sie darauf aufpassen müssen, daß Sie das am "richtigen" Tag beschließen. Diese Zweidrittelmehrheit werden Sie sich "erargumentieren" müssen, nämlich auch im Hinblick auf die Bevölkerung, wenn Sie dieses Parlament weiterhin beschneiden und die Rechte dieses Parlaments mit Ihrer Zweidrittelmehrheit schmälern.

Wenn Sie so tun, als wäre das alles schon eine gemachte Sache, dann läßt das auf ein gestörtes Verhältnis zum Parlament schließen. Das sind wir zwar von Ihrem Vorgänger gewöhnt


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