Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 60. Sitzung / Seite 48

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Wenn wir wissen, daß heute zu guter Qualität und wesentlich niedrigeren Kosten Arbeit verlagert werden kann, daß in Asien oder in Osteuropa gleich gute Sachen billiger hergestellt werden können, dann müssen wir eben die Kosten der Arbeit überdenken – aber nicht die Höhe der Löhne, denn das wäre unsozial, und das ist von niemandem gewollt. Wir müssen vielmehr die Kosten der Bürokratie überdenken, und das bedeutet schnelleres, effizienteres Anlagenrecht, bedeutet raschere Entscheidungen in den Amtsstuben, bedeutet einen flexiblen Einsatz der Arbeit, die ein sehr kostbares Gut geworden ist. Ich teile auch die Meinung, daß das nicht zugunsten der einen und zu Lasten der anderen Seite geschehen darf. Deswegen wollen wir ja die Sozialpartner zu Gesprächen einladen, um auch ihre Modelle zur Lösung dieser Probleme zu hören.

Wir müssen ehrlich sein: Es wird nicht möglich sein, auf Lebenszeit einen Arbeitsplatz zu geben, und es wird auch notwendig, Teilzeit verstärkt anzubieten. Das ist ein Trend, der nicht nur in Österreich da ist, sondern einer, den man bereits auf der ganzen Welt spürt.

Wir werden auch darüber nachdenken müssen, ob wir nicht im Pensionssicherungssystem viel stärker auf Gleitmodelle übergehen sollen, die nicht das totale Ausscheiden aus dem Arbeitsprozeß schlagartig forcieren, sondern die einen von der Arbeitswelt in die Pensionswelt fließenden Übergang ermöglichen. Die Arbeit wird also sicherlich ein Thema sein, das uns unendlich viel beschäftigen wird, aber es macht uns keine Angst, denn wir sind erfolgreich.

Ich habe mir angeschaut, wie bei der Herausforderung der Globalisierung eigentlich unsere Hauptkonkurrenten in Vergleich zu uns liegen. Trotz der Globalisierung haben wir gegenüber Osteuropa einen Handelsbilanzüberschuß und haben wir jetzt erstmals gegenüber den ASEAN-Staaten eine ausgeglichene Handelsbilanz, und wir haben in diesen Tagen zum ersten Mal seit dem Jahre 1945 eine ausgeglichene Handelsbilanz sogar mit Japan geschafft. Daher: Ende des Schluchzens, Aufkrempeln der Ärmel, Arbeit für das 21. Jahrhundert als die Aufgabe für die neue Regierung! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Das zweite große Thema, das sich uns stellt – und dazu haben einige kritisch Stellung genommen –, ist die Frage der Solidarität beziehungsweise der Entsolidarisierung unserer Gesellschaft. Ich glaube, da ist vieles dran. Wir haben heute eine Teilung: Viele glauben, daß ihr eigenes Umfeld in Ordnung ist, in dem Sinne: Ich bin okay, du bist es nicht!, daß die eigene Familie funktioniert, aber alle anderen Familien in Gefahr sind, in die Armut abzugleiten, daß die Schule, in der die eigenen Kinder unterrichtet werden, okay ist, aber das Schulsystem in Österreich insgesamt immer schlechter wird, nicht in der Lage ist, die Jugend gut auszubilden, daß die Sicherheit in der eigenen Nachbarschaft, im Dorf, im Grätzl, in der eigenen Straße in Ordnung ist, aber eigentlich der Vormarsch des Verbrechertums nicht zu stoppen ist. Aus dieser Haltung: Mein persönliches Umfeld ist in Ordnung, aber alle anderen nicht, und die anderen sind verantwortlich dafür! könnte eine sehr gefährliche gesellschaftspolitische Spannung entstehen, die dazu führen kann, daß auch die Bereitschaft, Solidarität zu geben, abnimmt.

Frau Abgeordnete Petrovic! Ich bin überzeugt davon, daß der Staat Österreich – Staat heißt: Bund, Länder und Gemeinden – sehr viel tut, mehr als die meisten anderen Staaten der Welt: soziale Leistungen zum Absichern des Schutzes vor Not, vor finanziellem Risiko oder was auch immer.

Was aber auch not tut, ist, daß die anderen Bereiche, die Familie, die Selbsthilfe und karitative Organisationen ermutigt, unterstützt werden, sich einzubringen, denn sonst nimmt die Tendenz zur Entsolidarisierung unendlich zu.

Dritter Punkt: Viele haben heute über die Kultur gesprochen und bemängelt, daß dieser Bereich des früheren Verkehrs-, Wissenschafts- und Kunstministeriums jetzt neu geordnet werden soll. – Darf ich dazu kritisch anmerken: Dieses Ministerium war – offen gestanden – tatsächlich eine etwas merkwürdige Schöpfung von vor einem Jahr. (Zwischenrufe beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Ich weiß, das haben Sie ja auch kritisiert damals. (Abg. Dr. Haselsteiner: Zu Recht!) Aber viele erinnern sich nicht mehr daran, daß genau das kritisiert wurde.


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