Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 34

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Herr Bundeskanzler, Sie haben noch als Finanzminister vor einem Jahr – wenn ich um Ihre geschätzte Aufmerksamkeit ersuchen darf –, und zwar am 20. März, acht Schwerpunkte für den Finanzminister im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit genannt: Investitionsoffensive, Infrastrukturausbau, Finanzierungsmodelle neu, Exportoffensive, Schaffung neuer Arbeitsplätze, Forschungsförderung, Technologiepolitik umstellen, Telekommunikation und Umweltschutzmaßnahmen ankurbeln.

Das haben Sie heute wieder gesagt. Warum soll man Ihnen eigentlich glauben? – Sie kündigen mit Jahresabstand immer dasselbe an und sagen: Da werden wir Technologiepolitik machen. Ja welche denn? – Daß Sie Ihren Freund Hochleitner von Siemens zum Vorsitzenden einer Arbeitsgruppe machen, obwohl jeder weiß, was zu tun ist? Wo gibt es denn das in einem zivilisierten Land, daß sich der größte Förderungsnehmer der Republik jetzt die Förderungen selbst zurechtrücken darf, und die Regierung wird das dann nachvollziehen?! – Damit werden Sie keine neuen Arbeitsplätze schaffen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Oder: Exportoffensive. Meine Damen und Herren! Worin bestand denn die Exportoffensive? – Eine konstituierende Sitzung eines Exportförderungsbeirates hat es gegeben. Dann ist nichts mehr gewesen. Das ist Ihre "Exportoffensive"!

Arbeitsplatzoffensive: Herr Bundeskanzler! Sie selbst haben die Verlustbeteiligungen im Steuerrecht beseitigt und damit 20 000 Arbeitsplätze allein aus diesem Titel reduziert – das kann man recht leicht nachlesen.

Gründungsoffensive: Sie selbst, Herr Bundeskanzler, haben die Mindestkörperschaftsteuer, die der Verfassungsgerichtshof jetzt aufgehoben hat, den jungen Unternehmern aufs Auge gedrückt und wundern sich, daß sie nicht bereit sind, neue Unternehmen zu gründen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie selbst haben zugeschaut, wie die Handelskammer nach wie vor eine Einverleibungsgebühr einhebt, wenn man als Jungunternehmer tätig werden will.

Lehrplatzoffensive: Wenn man selbst, Herr Bundeskanzler, dafür sorgt, daß die Lehrlingsabgabe auch noch kommunalsteuerpflichtig gemacht und damit für den Betrieb verteuert wird, dann dürfen Sie sich nicht wundern, wenn Sie 6 000 Lehrlinge haben, die keinen Arbeitsplatz finden werden.

Flexible Arbeitszeiten: Jetzt feiern Sie das als Erfolg. Bitte, die Gewerkschaft schaut doch schon seit Monaten zu, wie mehr als 50 Prozent der Arbeitnehmer in Österreich schon längst außerhalb der Arbeitszeitgesetze arbeiten, und zwar contra legem.

Kein Arbeitsinspektor war da, weil das die Großen sind! Das sind die Steyr-Werke, das ist BMW, das ist Siemens, diese sagen dann, ihr bekommt halt 500 Leute auf die Straße gestellt, wenn wir nicht 50 Stunden in der Woche arbeiten dürfen. – Da war kein Arbeitsinspektor! Bei den Kleinen schnüffeln Sie herum, die drangsalieren Sie, und das schafft das miese Klima in der Wirtschaft, und das verhindert in Wirklichkeit auch Arbeitsplätze. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ladenöffnungszeiten: Eine völlig weltfremde Regelung wird da gemacht. Wenn im Handel am Samstag länger als bis 13 Uhr gearbeitet wird, muß am nächsten Samstag automatisch der Mitarbeiter den ganzen Tag frei haben. Ja haben Sie noch nie von modernen Methoden der Entlohnung gehört, nämlich daß jemand einen Grundlohn hat und auf Provision verkauft – in den Möbelmärkten, in den Textilmärkten, in den Bekleidungsgeschäften? – Diese Menschen werden sich schön bei Ihnen bedanken!

Wenn einer heute als Verkäufer am Samstag arbeiten darf, dann macht er seine Provisionen, am nächsten Samstag muß er zu Hause bleiben, obwohl er arbeiten will, weil man weiß, daß rund 26 Prozent des Wochengeschäftes heute bereits auf den Samstag konzentriert sind. Sie sind mit Ihren ganzen Vorstellungen weltfremd! Das ist das, was man Ihnen sagen muß. Sie gaukeln da in der Technologie herum! Setzen Sie handfeste Maßnahmen! Tun Sie das, was in dieser Republik notwendig ist! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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