Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 62. Sitzung / Seite 77

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Zweitens ist zu bemerken: In den USA gibt es zum Unterschied von uns eine massiv verbreitete Underclass, das heißt, einen großen Anteil der Gesellschaft, der völlig ausgeschlossen ist von allem. Ich weise nur darauf hin, daß 2 Prozent aller weißen männlichen Amerikaner zwischen 15 und 65 Jahren im Gefängnis sitzen – in etwa zehnmal so viele, als das in Westeuropa üblich ist. – Das nur als ein Indikator.

Zum dritten müssen wir dazusagen: Die Rezession hat in den USA 1991 stattgefunden und bei uns in Europa 1993. Das heißt, was den Wirtschaftsaufschwung betrifft, sind uns die USA um zwei Jahre voraus. Also das Beispiel direkt zu übernehmen und zu sagen: Machen wir es wie die Amerikaner!, wird wahrscheinlich nicht zum Erfolg führen.

Dann gibt es das bekannte britische Beispiel. (Zwischenruf des Abg. Meisinger. ) – Herr Meisinger, Sie können den Sprechblasengenerator dann hier am Rednerpult einschalten, aber jetzt hören Sie einmal zu! (Beifall bei der SPÖ.)

Schauen wir uns das bekannte britische Beispiel an. (Zwischenruf des Abg. Dr. Haider. ) Dort sind solche Zwischenrufe durchaus üblich. Wir kommen zur internationalen Frage, Herr Kollege Haider. – In Großbritannien gab es in den letzten Jahren überdurchschnittlich hohe Wachstumsraten. Gleichzeitig war die britische Währung um etwa 20 Prozent geringer bewertet als jetzt. Daher gibt es heute in England die Sorge: Ist das, was es in Großbritannien an Wachstum und was es an Beschäftigung gegeben hat, nicht in erster Linie eine Folge des niedrigen britischen Pfunds gewesen? Und wird dieser Vorteil vor dem Hintergrund des jetzt hohen britischen Pfunds nicht in den nächsten Monaten verlorengehen? Viele gehen davon aus, daß die gesamten anderen Reformen, die in Großbritannien gesetzt wurden, relativ wenig beigetragen haben und darüber hinausgehend... (Abg. Dr. Haider: Ihr spekuliert mit einer Weichwährung!) – Nein, wir spekulieren nicht mit einer Weichwährung. Ich erkläre nur, welche Modelle uns vorgeschlagen wurden und wie diese zu bewerten sind.

Eines muß man auch noch dazusagen: Die Briten haben in den vergangenen Jahren die gesamte Infrastruktur so weit hinuntergewirtschaftet, daß heute die Londoner U-Bahn im wesentlichen auf dem Standard eines Dritten-Welt-Landes angelangt ist.

Wenn Österreich im Vergleich zu den Ländern, die beschäftigungsmäßig erfolgreich gewesen sein sollen, nach wie vor eine geringere Arbeitslosenrate aufweist, wenn all das, was sonstwo gemacht wurde, letzten Endes nicht zu besseren Ergebnissen als bei uns geführt hat, stellt sich schon die Frage: Wo ist dann das sogenannte kompakte, vorweisbare, bereits realisierte Beispiel, das deutlich machen würde, daß in Österreich die Katastrophe vorherrscht und anderswo, in irgendeinem anderen Land, das absolute Paradies ist? (Abg. Dipl.-Ing. Prinzhorn: In Holland! – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Gehen wir auf Holland ein, Herr Kollege Prinzhorn. Holland ist trotz der Maßnahmen, die ich für sehr interessant halte – das sage ich dazu; das ist einer der Punkte, die man diskutieren muß; was ich für interessant halte, ist die dortige Diskussion über das Pensionssystem –, im Wohlfahrtsniveau von Platz eins auf Platz sechs in der Europäischen Union abgesunken. Das ist ein Effekt der holländischen Reformen, den Sie unterschlagen haben. Das heißt, auch in Holland gibt es offensichtlich viele Menschen, die die Zeche für das von Ihnen Gepredigte (Abg. Dr. Haider: Der Klima will ja das! – weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen) – Ihr Herr Prinzhorn hat Herrn Klima sogar noch unterstützt und das übersteigert – zu zahlen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Mein Resümee dieser Diskussion ist: Es hilft uns weder der amerikanische noch der britische, noch der niederländische Weg. Wir haben einen eigenständigen österreichischen Weg in diesem Zusammenhang zu gehen, und diesen haben wir heute zu diskutieren.

Da gibt es, so meine ich, drei wesentliche Punkte. (Zwischenruf des Abg. Haigermoser. ) Sie haben mit Ihren wirtschaftspolitischen Hüftschüssen schon bewiesen, welches Zerstörungspotential fiskalpolitischer Natur Sie auf den Tisch gelegt haben. Das wollen wir jetzt nicht im Detail diskutieren. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Zu dem, was wir in Österreich zu machen haben, wenn wir kurzfristige Maßnahmen setzen wollen, die, so meine ich, nicht die wesentlichsten sind, haben sowohl ÖGB-Präsident Verzetnitsch


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