Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 41

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Meine Damen und Herren! Die Konturen der neuen europäischen Sicherheitsordnung sind auch klar erkennbar: eine Annäherung der entscheidenden Institutionen und Organisationen auf dem europäischen Kontinent, ein Sich-Zueinanderbewegen der Europäischen Union, der Westeuropäischen Union und auch der NATO, und zwar immer auf der Grundlage der Charta der Vereinten Nationen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, daß diese Entwicklung von uns in der Diskussion anzuerkennen und zu akzeptieren ist, daß wir alle aufgefordert sind, dies in unsere Überlegungen mit einzubeziehen, und daß wir die alten Sicherheitskonzeptionen auch hinterfragen müssen in die Richtung, ob sie noch in der Lage beziehungsweise noch geeignet sind, die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen. Wir müssen uns fragen, welche Möglichkeiten einer optimalen Sicherheit es für unser Land im Rahmen der Europäischen Union gibt.

Daher meinen wir, daß wir aus dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union sicherheitspolitischen Nutzen ziehen sollten. Ich darf Sie, meine Damen und Herren, daran erinnern, daß wir vom Liberalen Forum uns zum Beitritt Österreichs zur Europäischen Union bekannt haben. Es war damals für uns ein ganz wesentliches Argument, warum wir der Europäischen Union beitreten sollten, der Umstand, daß die Europäische Union im Prinzip als Friedenswerk gedacht war, und wir sind nun aufgefordert, dieses Friedenswerk fortzusetzen und weiterzuentwickeln. Wir sollten jetzt, wo wir EU-Mitglied sind, aus dieser unserer Mitgliedschaft den maximalen Nutzen ziehen, und dieser ist aus meiner Sicht die volle Integration Österreichs in die europäischen Sicherheitsstrukturen. Die erste Chance, die sich für diese Integration meiner Meinung ergibt, ist, weil wir Mitglied der Europäischen Union geworden sind, der Vollbeitritt Österreichs zur Westeuropäischen Union. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Mit einem Vollbeitritt zur Westeuropäischen Union könnten wir vor allem ein Mehr an Sicherheit erreichen, ein Mehr an Sicherheit, das von der Bevölkerung auch gewünscht wird, und zwar vor allem im Zusammenhang mit der damit verbundenen und auch zu unserem Vorteil gereichenden Beistandsverpflichtungen. Ich zitiere in diesem Zusammenhang das Ergebnis einer Umfrage des Gallup-Institutes, nachzulesen in der "Presse": 48 Prozent der Österreicher erwarten im Falle einer Bedrohung Hilfe von Nachbarstaaten. Ich meine, daß wir diesem Sicherheitsbedürfnis der Österreicher entgegenkommen sollten, daß wir, völkerrechtlich verpflichtet, diese Unterstützung und Hilfe auch bekommen könnten, egal welches Sicherheitsszenario wir als Grundlage annehmen.

Wir glauben, daß der Beitritt zur Westeuropäischen Union möglich ist, jetzt notwendig und sinnvoll ist, und meinen, daß wir diese Chance nutzen sollten. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Es wird in der derzeit laufenden Debatte so gerne polarisiert: hie Neutralität, hie NATO. Dabei wird auf einen Punkt immer wieder vergessen, nämlich darauf, daß die Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Rahmen der Europäischen Union über die Westeuropäische Union gemacht wird. Wir sind der Meinung, daß es sinnvoll ist, in einem ersten Schritt die europäische Dimension der Sicherheitspolitik zu stärken. Die Westeuropäische Union ist das sicherheitspolititsche Instrumentarium der Europäischen Union und jenes Instrumentarium, über das die europäische Sicherheits- und Verteidigungsidentität entwickelt werden soll. Genau das fordern wir im Rahmen der sicherheitspolitischen Diskussion auf europäischer Ebene.

Mir ist schon klar, daß sich mit dem Beitritt zur Westeuropäischen Union auch die Frage nach dem NATO-Beitritt stellt, und wenn der erste Schritt gesetzt ist beziehungsweise wenn wir bereit sind, den ersten Schritt zu tun, dann werden wir auch über die Frage des NATO-Beitrittes diskutieren und sehen, welche Optionen beziehungsweise welche Rahmenbedingungen sich daraus ergeben.

Es ist klar, daß es notwendig sein wird, mit dem Beitritt zur Westeuropäischen Union auch das Verhältnis zur NATO entsprechend zu definieren (Zwischenruf des Abg. Scheibner ) – lieber Kollege Scheibner, laß mich ausreden! – und klarzustellen, daß das derzeitige Verhältnis zur NATO im Rahmen der "Partnerschaft für den Frieden" nicht ausreichend ist und daß es daher


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