Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 47

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weiterung, dann geben sie vielleicht endlich Ruhe, wenn es um die wirtschaftlichen Fragen geht, nämlich um die EU-Osterweiterung.

All das wirft eigentlich die Frage nach der zukünftigen europäischen Entwicklung auf, und zwar im Sinne einer umfassenden Sicherheitspolitik. Das, was Sie, Herr Mock, betreiben, und auch das, was Herr Haider betreibt, ist eine völlig einseitige, einäugige und höchst gefährliche Art von europäischer Politik und umfassender Sicherheitspolitik, denn eine wirklich umfassende Sicherheitspolitik umfaßt sehr wohl auch die wirtschaftliche Entwicklung jener Länder, die nicht in dem Maße entwickelt sind wie wir, gerade jener Länder, die mit Arbeitslosenzahlen und massiven wirtschaftlichen Problemen kämpfen. Aber das schieben Sie offensichtlich zur Seite und sagen: Das interessiert uns nicht, jetzt basteln wir einmal an dieser europäischen Sicherheitsarchitektur, und dann werden wir schon sehen. Diese Länder werden schon damit zufrieden sein, daß sie irgendwo dabei sind. Das andere brauchen wir nicht, das können wir uns ohnehin nicht leisten, und folglich brauchen diese Länder das auch nicht. – So schaut diese zynische Politik der Regierungskoalition aus! Es wurde hier halt einmal offen ausgesprochen: Das steht dahinter. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Moser hat auch gesagt, man könne zu allen möglichen Themen eine Volksabstimmung machen, das sei ja richtig und wichtig, aber zu so emotionellen, so heiklen, sensiblen und komplexen Themen solle man lieber keine Volksabstimmung machen. Das sei so ähnlich wie bei der Todesstrafe und den Menschenrechten. Die Sicherheitspolitik sei auch solch ein sensibler Bereich, da solle man das nicht machen.

Herr Abgeordneter Moser! Sie scheinen völlig zu vergessen, daß es dabei nicht um eine Frage geht, die man sozusagen "aus dem Bauch heraus", nach dem Gefühl entscheiden kann, sondern da geht es um ein Verfassungsgesetz! Es geht um eine Verfassungsbestimmung, die da einfach irgendwie, ohne Federlesen, ohne Befassung des Parlaments, geändert oder weggewischt werden soll. Um diese Frage geht es. Es geht auch nicht nur darum, daß das Parlament nicht eingebunden ist, sondern darum, daß, wenn es um die Änderung der Bundesverfassung geht, natürlich eine Volksabstimmung durchgeführt werden muß!

Stellen Sie sich bitte nicht hier heraus und tun Sie nicht so, als wäre das eine so furchtbar unangenehme und emotionelle Frage. Das entblößt ja wirklich nur Ihre Unkenntnis dessen, was die Neutralität ist, und zeigt nur auf, aus welcher Richtung Sie eigentlich kommen. (Beifall bei den Grünen.)

Wie hat denn die Antwort der Bundesregierung auf diese berechtigte Sorge einiger Hunderttausend Österreicherinnen und Österreicher, die dieses Volksbegehren unterschrieben haben, gelautet? – Dabei gebe ich Ihnen in einem recht: Das Volksbegehren mag unglücklich formuliert gewesen sein, und es hätten noch viel mehr Menschen unterschrieben, wenn es möglich gewesen wäre, eine Formulierung zu finden, die das ausdrückt, was der Inhalt der Besorgnis ist. Aber das ist ja die Schwierigkeit bei der Salami-Taktik, die ich beschrieben habe: daß man kaum auf legistische Art und Weise in einem Gesetztestext ausdrücken kann, worum es geht. Aber daß es in Ihrer Politik darum geht, daß praktisch täglich die Positionen verschoben und gewechselt werden, das haben schon sehr viele Menschen in Österreich mitbekommen. Mit diesen berechtigten Anliegen, mit diesen berechtigten Sorgen und mit dieser berechtigten Besorgnis geht diese Regierungskoalition in einer ganz eigenartigen Art und Weise um.

Sie scheinen ja auch zu vergessen, daß im Zuge des Beitrittes zur Europäischen Union der Bevölkerung viele Versprechungen gemacht, aber keine eingehalten worden sind. Und eines dieser Versprechen hat zum Beispiel gelautet: An der Neutralität wird nicht gerüttelt werden. Das war ja auch der Grund dafür, daß so viele Menschen dieses Volksbegehren unterschrieben haben. Aber was sagen Sie von ÖVP und SPÖ dazu? – Sie erklären in einem Antrag, das politische Anliegen der mehr als 350 000 Unterzeichner des Neutralitätsvolksbegehrens sei ernstzunehmen, und stellen dann den Antrag, daß die Bundesregierung alle weiterführenden sicherheitspolitischen Optionen prüfen soll, insbesondere die Vollmitgliedschaft Österreichs bei der WEU.


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