Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 46

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daran glauben, daß der Neutrale gewillt und in der Lage ist, seine Neutralität einzuhalten und sie auch in Zukunft zu praktizieren. Diese internationale Glaubwürdigkeit der Neutralität ist in Österreich weitgehend verlorengegangen."

Sehen Sie, genau das ist der Punkt! Sie hören sich im Ausschuß Expertenmeinungen an, dann stellen Sie sich hier heraus und zitieren die Universitätsprofessoren, aber Sie vergessen, daß es um die politische Glaubwürdigkeit, die Österreich hat oder nicht mehr hat, geht, und zwar in einem internationalen Zusammenhang, in der Außenpolitik, in Österreichs internationalen Verpflichtungen.

Sie haben in Österreich und im Ausland im letzten Jahr eine Salami-Taktik praktiziert, die ihresgleichen sucht: Sie sagen einmal ja zur NATO, einmal ja zur WEU – egal, ob das Fasslabend, ob das Khol oder ob das Schüssel sagt, gleichgültig, ob das Klima sagt, mit einem zögerlichen: Naja, wenn sich einmal etwas ändert, dann vielleicht doch!, oder vorher schon Vranitzky oder auch Kostelka. (Abg. Schieder: Bei einer Salami-Taktik schneidet man aber nicht verschiedene Würste in kleine Scheibchen, sondern immer nur dieselbe Wurst! Der Kommunist Rakosy hat das erfunden!) – Sie haben verschiedene Salamiarten! Da gibt es inzwischen viele Arten, und Sie schneiden immer wieder ein Scheibchen ab. Aber dann, wenn es zu brenzlig wird, stellen Sie sich hier heraus und sprechen Ihre Beschwörungsformeln, Sie seien ja ohnehin immer für die Neutralität gewesen und seien auch heute noch dafür. (Beifall bei den Grünen.)

Gleichzeitig wird aber – das ist auch schon gesagt worden – eine Verschleierungstaktik praktiziert. Im Ausschuß hat zum Beispiel Herr Minister Schüssel in einer sehr eindrucksvollen Rede dargestellt, was seiner Meinung nach umfassende Sicherheitspolitik ist. Dabei kann ich ihm in allem und jedem nur recht geben. Wenn er von umfassender Sicherheitspolitik spricht, dann meint er viel mehr als nur ein Militärbündnis: Da geht es um Krško, da geht es um Drogenpolitik, da geht es um Fragen wie Osttimor, und vieles andere mehr. All das muß man sehen in einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. – Ich kann nur sagen: Völlig richtig!

Allerdings frage ich mich dann, warum er und die meisten Minister, nämlich nahezu alle ÖVP-Minister, auch der frühere Außenminister, dann hier heraußen stehen und ihrerseits eine Beschwörungsformel sprechen, die etwas anders lautet, nämlich so: Da müssen wir mitmachen! Da können wir nicht am Rande stehen! Da können wir nicht zuschauen! Das ist wichtig, das ist jetzt wirklich das Wichtigste für diese gemeinsame Sicherheitspolitik. – Ganz entgegen den Ausführungen Ihres Außenministers im Ausschuß wird aber hier wieder reduziert auf die ausschließliche militärische Option.

Kommen Sie auch nicht mit folgendem: Versuchen Sie nicht, uns zu erklären, daß die NATO jetzt ein Friedensbündnis sei oder daß sich irgendetwas in der NATO geändert hätte. – Es hat sich überhaupt nichts geändert! Das einzige, was sich seit jenem berühmten und von Ihnen so oft zitierten NATO-Gipfel verändert hat, ist nur, daß es jetzt auch auf europäischer Ebene möglich ist, regionale Einsätze durchzuführen, und zwar mit Hilfe der WEU, die dann der europäische Arm der NATO sein wird.

Wenn Herr Kollege Moser hier steht und von einem WEU-Beitritt träumt und dabei völlig außer acht läßt, daß das der Briefkasten für die NATO ist, dann frage ich mich: Wollen sich die Liberalen wirklich mit dem Status einer Postkarte in einem Briefkasten zufriedengeben? (Abg. Scheibner: Kann sein!) Ist Ihre Politik sozusagen auf eine Grußkarte reduziert? Das klingt nach dem Motto: Da wollen wir auch dabei sein!, aber was das eigentlich ist und welche Briefkastenfirma dahinter steht, das interessiert Sie offensichtlich nicht mehr, das schieben Sie zur Seite, das tangiert Sie nicht. Dabei ist das das einzige, was sich bei diesem NATO-Gipfel geändert hat, den Sie so oft zitieren, um uns und vor allem der Bevölkerung weiszumachen, das Ganze wäre jetzt etwas völlig anderes. – Keine Rede davon!

Einerseits fragt der frühere Minister Kollege Mock: Wieso nehmen wir so viel Rücksicht auf Rußland, das wird sich wohl selbst zu verteidigen wissen?, und auf der anderen Seite spricht Herr Kollege Haider mit sehr entwaffnender Offenheit einmal das aus, was hinter den Kulissen ohnehin die ganze Zeit läuft, nämlich: Geben wir diesen Ländern doch die NATO-Oster


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