Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 59

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Kollege Haider – er ist im Moment nicht da – hat über die klare Position – er hat das anders genannt –, über die geschlossene Position der F seit 1990 bezüglich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU und des NATO-Beitritts gesprochen. 1990 hat Herr Haider gesagt: Nein zur EU, aber ja zur NATO. In der Kombination, muß ich sagen, war das einzigartig und selbstverständlich nicht nachzuvollziehen. Ich kann nicht einerseits gegen die EU sein, aber andererseits für die gemeinsame europäische Sicherheits-, Außen- und Verteidigungsstruktur eintreten. Ich glaube, er hat sich 1990 selbst widersprochen. (Abg. Dr. Graf: Sie bringen die Jahreszahlen durcheinander!) Das ist ein Weg, der eigentlich nahtlos bis jetzt fortgesetzt wurde. Ich kann daher dem nicht folgen.

Ich glaube aber wirklich, daß wir in Europa eine gemeinsame Sicherheitspolitik unter Mitwirkung der Österreicher und Österreicherinnen von Beginn an brauchen. Ein Zuschauen, Abwarten und möglicherweise Teetrinken, Herr Kollege Spindelegger, ist sicherlich nicht das, was ich unter politischer Verantwortung verstehe. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.27

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Maitz. – Bitte, Herr Abgeordneter, Sie sind am Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

14.27

Abgeordneter Dr. Karl Maitz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für uns von der Volkspartei war und ist zum Thema Neutralität ein Grundsatz entscheidend. Dieser Grundsatz lautet: Was für die äußere Sicherheit der österreichischen Bevölkerung das Beste ist, das haben wir zu vertreten, und zwar in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft. (Beifall bei der ÖVP.)

Für die Vergangenheit ist es eindeutig. In der Zeit des kalten Krieges, in der Zeit des Eisernen Vorhanges war die Neutralität richtig und als Schlüssel für den Staatsvertrag zielführend. In der Gegenwart sind wir verpflichtet, für unser Land, für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger an den neuen Sicherheits- und Verteidigungsstrukturen in und für Europa aktiv und solidarisch teilzunehmen.

Dazu aus jüngster Zeit die Kommentare von drei bedeutenden Publizisten: Hugo Portisch, als Kenner und Kommentator der österreichischen Zeitgeschichte unbestritten, in einem Exklusivinterview zu seinem 70. Geburtstag im "Kurier", Kurt Seinitz, Leiter der außenpolitischen Redaktion der "Kronen Zeitung" zur Neutralität nach Schweizer Muster und Georg Hoffmann-Ostenhof, außenpolitischer Chef des "profil". Lassen Sie mich diese drei Zitate bringen.

Hugo Portisch: "Die Neutralität hat uns während des Kalten Krieges genützt. Vor einem echten Krieg hätte sie uns nicht eine Sekunde geschützt. ... In der ersten Sekunde eines Ost-West-Krieges wären die Russen marschiert, wären die Amerikaner marschiert. Ein russischer General hat uns auf einer Landkarte gezeigt, wie Wien eingekreist worden wäre, wo die ungarischen Truppen marschiert wären."

Zum Schweizer Muster – Kurt Seinitz: "Gibt es einen Grund, weshalb es gut ist, einer großen Gemeinschaft anzugehören, dann ist es das Beispiel der Frustration der Schweiz über die Folgen ihres Neins zur EU: Das dynamische Finanzzentrum Europas hat sich nach Luxemburg verlagert, und auch sonst sind die wirtschaftlichen und politischen Zukunftsaussichtender Schweiz nicht rosig. Die Schweiz gerät ins Abseits. Schuld ist das Festkrallen an einem überholten Neutralitätsbegriff ...

Österreich droht wie die Schweiz ins europäische Abseits zu geraten. Das ist langfristig vor allem für unsere Wirtschaft nicht gut, so wie es überhaupt keinen Grund gibt, auf neutrale Isolation stolz zu sein."

Drittes Zitat: Georg Hoffmann-Ostenhof, ein zweifellos anerkannter Kommentator der internationalen Politik, sagt: Den Österreichern ist in Sachen Neutralität "die Wahrheit zumutbar". Acht Jahre nach der Wende in Osteuropa ist die Neutralität "ein überholtes Institut" und hat "keine reale Bedeutung" mehr. Während sie im kalten Krieg "sehr effektiv war", müssen wir uns jetzt fragen: "Neutralität zwischen was?"


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