Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 78

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Kollege Jung! Der Außenminister ist krank!) – Auf Sie, Herr Kollege Khol, komme ich noch zu sprechen.

Viele von uns haben am vergangenen Sonntag die Sendung "Zur Sache" gesehen und da den, möchte ich sagen, durchaus traurigen Auftritt der Kollegen Khol und Schieder miterlebt. In der "Presse" hat Andreas Unterberger darüber geschrieben, und zwar unter dem bezeichnenden Titel – nein, nicht die "Blitzgneißer", das ist aus dem "Kaisermühlen-Blues" – "Die Langsamdenker". Ich zitiere: "Alles andere als ein Fortschritt Richtung Klarheit sind jedoch die gewundenen inhaltlichen Positionen, die dabei von den Regierungsparteien eingenommen werden. Je öfter man sie hört, umso klarer wird, wie sehr die Regierungslinie von Taktik und der Angst bestimmt ist: Wie sage ich’s meinem Kinde?"

Diese Angst ist es wirklich, die das Leitmotiv unserer Regierenden – oder sollte man nicht besser sagen: der Getriebenen – bestimmt. Die EU-Staaten machen nämlich – und das wissen Sie alle, bei jedem Besuch hören wir es aufs neue – Druck auf Österreich. Und das Märchen, daß wir in der EU mit einer gemeinsamen Sicherheitspolitik als Österreicher auf Dauer neutral bleiben können, zerrinnt und hält der Realität genausowenig stand wie das Märchen von den anonymen Sparbüchern, vom Beibehalt des Schillings oder von den gesicherten Pensionen. Sie haben Angst davor, den Österreichern zu sagen, daß die Neutralität zwar einmal ein wirksames Mittel zur Erhaltung und vor allem zur Wiedergewinnung unserer Souveränität und zum Loswerden der Besatzungsmächte war, aber daß sie schon kurz darauf mißbraucht wurde, um den Österreichern vorzugaukeln, eine Neutralitätserklärung allein würde schon Sicherheit geben.

In Wahrheit waren wir nie wirklich neutral, nicht nach dem Muster der Schweiz. Wir waren nicht politisch neutral und waren schon gar nicht militärisch neutral, denn dazu waren wir nicht in der Lage. Das Bundesheer war nie in der Lage, diese Aufgabe, die eigentlich an es gestellt wurde, zu erfüllen. Das hat Kollege Kostelka klar erkannt, als er nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes gesagt hat: Jetzt ist das Bundesheer einmal in der Lage, seinen Auftrag zu erfüllen.

Sie haben damit den Bürgern dieses Landes Scheinsicherheit vorgegaukelt, die – zugegebenermaßen – gerne angenommen wurde. Garantiert wurde unsere Freiheit aber bis zum Schluß des Zusammenbruchs des Warschauer Paktes einzig und allein durch die Interessen, die logischerweise auch die NATO in unserem Raum gehabt hat, weshalb sie unsere Sicherheit garantiert hat.

Wir waren – das hören die Herren von Regierungspartei nicht gerne – nur sicherheitspolitische Trittbrettfahrer. Aber damit ist es jetzt vorbei, man läßt uns nicht mehr, man erlaubt uns nicht einmal mehr die Illusion, nur in die WEU zu gehen und uns damit die "böse" NATO zu ersparen.

Ich verstehe ja den Seelenschmerz der Altachtundsechziger in der SPÖ, die früher gegen die NATO demonstriert und "Ho Ho Tschi Minh!" gerufen haben. Es wird ihnen aber ebensowenig wie der ÖVP erspart bleiben, endlich einmal deutlich zu sagen, wie sie es mit der österreichischen Sicherheitspolitik halten.

Da wird noch gezögert und kokettiert: In die NATO hinein. – Vielleicht, wenn wie unsere Bedingungen annimmt, wenn sie den Artikel 5 – ihr Kernstück –, die Beistandspflicht, herausnimmt. Ja glauben Sie wirklich, Herr Kollege Schieder, daß die nur darauf gewartet haben, daß wir jetzt kommen und ihnen Vorschriften machen, wie sie ihre Verträge zu gestalten haben, wir, die Draußenstehenden, die in der letzten Reihe sitzen? – Kollege Scheibner hat es heute bereits gesagt.

Abgesehen davon wäre es ein haarsträubender Unsinn, wenn gerade wir, als eher exponierter Staat, auf diese Beistandspflicht verzichten wollten, denn wenn es um Gefährdungen geht, dann ist in Zukunft Spanien vielleicht weniger gefährdet, und die Gefahr, daß wir Spanien helfen müssen, ist geringer als umgekehrt. Außerdem können wir nur auf diese Art und Weise, nämlich durch das vollständige Hineingehen, das machen, was Sie die ganze Zeit fordern, nämlich die Arbeitsteilung im Bündnis, um uns auf diese Art und Weise zumindest einen Teil der Kosten zu ersparen.


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