Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 84

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Wir – die Opposition, und die freiheitliche Opposition hat diese Meinung am intensivsten vertreten – haben schon damals gemeint, daß das nicht stimmen kann. Es wurden dabei nicht die Kosten einer Lagerabwertung berücksichtigt, es wurden keine Förderungen berücksichtigt. Es wurde ganz einfach so getan, als ob die Budgetmittel, die Strukturfördermittel, die wieder zurückfließen, sofort budgetwirksam würden, so wie Mehreinnahmen im Bereich der Steuern und Abgaben.

Wir haben schon damals darauf hingewiesen, daß das nicht stimmen kann. Und wir haben recht behalten: 50 Milliarden Schilling sind es geworden, und diese 50 Milliarden haben natürlich auch ein gewaltiges Loch in das Budget des Jahres 1995 und in den Rechnungsabschluß gerissen.

Wir können ganz einfach nicht akzeptieren, daß wir pausenlos Budgets vorfinden, die ökonomische Scharlatanerie sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Herr Bundesfinanzminister! Sie werden auch in Hinkunft Budgets zu erstellen haben, die auf den Grundsätzen der Ordnungsgemäßheit und auf Schätzungen basieren, die eine gewisse Treffsicherheit haben müssen. Und Sie werden gewisse Fakten einbauen müssen, die man vorher schon kennt.

Wir sind – richtigerweise – der Europäischen Union am 1. Jänner 1995 beigetreten. Wir haben aber die Verhandlungen bereits 1994 geführt. 1994 hat die Volksabstimmung stattgefunden. Alle Dinge, die in das Budget 1995 auf der Ausgabenseite Eingang hätten finden müssen, waren bereits bekannt. Das ist ungefähr so, als wenn Sie meinten, daß ein Wirtschaftstreuhänder, der bereits weiß, daß er 100 000 S Nachzahlung an Körperschaftsteuer hat, aber das in der Bilanz nicht ausweist, richtig handelt. – Er handelt ökonomisch unrichtig und wird wahrscheinlich das Mandat seines Klienten verlieren, wenn er dessen Gewinn höher ausweist, als er eigentlich ist.

Herr Bundesfinanzminister! Wir haben heute auch eine kleine Schuldebatte erlebt, es ging dabei auch um die Frage der Benotung. Und Herr Kollege Mühlbachler hat gemeint, diese Regierung und diese Koalitionsparteien hätten sich schon längst die Richtschnur "3 Prozent Neuverschuldung, bezogen auf das BIP" geben sollen, das wäre das Richtige.

Herr Bundesfinanzminister! Diese Koalitionsregierung hat seit dem Jahr 1988 folgende Neuverschuldung produziert: 1988: 4,2 Prozent, 1989: 3,7 Prozent, 1990: 3,5 Prozent, dann geht es ein bißchen abwärts auf 3,3 Prozent im Jahr 1991, 1992 war dann der wirkliche Tiefpunkt – da haben wir alle schon geglaubt, wir durchstoßen die 3-Prozent-Marke – mit 3,2 Prozent, und dann ging es wieder steil bergauf: 4,6 Prozent, 4,7 Prozent und dann 5 Prozent. – Schüler würden als Vertreter des Volkes so einem Lehrer, so einer Bundesregierung eine glatte Fünf geben, nicht nur eine normale Fünf, sondern eine glatte römische Fünf, ein Nicht genügend, Herr Bundesfinanzminister (Beifall bei den Freiheitlichen), wenn wir die Beurteilung einmal umdrehen: Nicht Lehrer beurteilen Schüler und Schüler beurteilen Lehrer, sondern die Bevölkerung beurteilt die Leistung einer Regierung bei den Staatsausgaben und beim Staatshaushalt. (Abg. Haigermoser: Nicht genügend für die Bundesregierung, würde ich sagen!)

Herr Bundesminister! Was sind die wirklichen Ursachen? Es ist in diesem Haus schon mehrmals darüber debattiert worden: Warum kam es in den Budgets der vergangenen Jahre und im Budget 1995 im besonderen jedesmal zu diesem nachhaltigen Desaster? – Die Verwaltungsausgaben sind immer mehr und mehr gewachsen. Die Ausgaben im Sozialbereich gerieten aus den Fugen, und – was am meisten schmerzt – die Ausgaben für Bildung, für Forschung, für Wissenschaft, für öffentliche Investitionen stagnierten oder gingen zurück.

Herr Bundesfinanzminister! Eines muß man klar feststellen: Der Budgetvollzug, den Sie bereits mehrmals hier von der Regierungsbank aus eingemahnt haben, hat überhaupt nicht geklappt. Es fehlte ein wirklicher Anreiz, ein System, das den Beamten einen Anreiz zum Sparen liefert. Es gibt Modelle – etwa ein Bonus/Malus-System, das diskutiert worden ist – zuhauf, aber konkret umgesetzt hat diese Regierung keines davon. Es gab nie ein Umdenken in die Richtung, daß ein Minister auch einmal belohnt wird, wenn er weniger Ausgaben in seinen Detailbudgets hat, als ihm vorher gewissermaßen eingeräumt wurden, weniger Ausgaben, als vorher geschätzt wurden. Es hat vielmehr Fehlentscheidungen zuhauf gegeben, die den Steuerzahler Geld über Geld gekostet haben.


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