Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 87

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geben und daß umgekehrt die Zinssteuerquote, von den Nettoeinnahmen des Bundes gerechnet, um weit über 20 Prozent gestiegen ist.

Haben wir für diese Schulden, die wir aufgebaut haben, wirklich nur Investitionen finanziert, nämlich Investitionen für die Zukunft unseres Landes, wo es selbstverständlich ist, die nächsten Generationen daran zu beteiligen? Oder haben wir privaten Konsum oder öffentlichen Konsum damit finanziert, weil es halt einfacher war, politisch zu agieren, und weil es die anderen auch tun – so nach dem Motto: Die Italiener haben ja auch Schulden, und die Deutschen haben Schulden, und die Engländer haben Schulden gemacht – also machen wir halt auch Schulden!?

Meine Damen und Herren! Wo sind denn die Spielräume, die übriggeblieben sind? – Das Jahr 1970 war das erste Jahr des Sündenfalls, und das Jahr 1992 war das zweite Jahr des Sündenfalls. Wann immer Sie sich diesbezügliche Grafiken anschauen, werden Sie sehr deutlich merken, daß ab dem Jahr 1992 alles aus dem Ruder gelaufen ist. Es braucht uns nicht wunderzunehmen, daß wir seit dem Jahr 1992 den vierten Finanzminister haben: So schnell sie kamen, so schnell sind sie wieder gegangen.

Herr Edlinger! Ich wünsche mir, daß Sie bei all Ihrem Optimismus und bei all Ihren Vorschußlorbeeren, die Sie heute bekommen haben, etwas mehr Sitzfleisch auf dieser Position beweisen und jetzt die Suppe auslöffeln, die Ihnen andere eingebrockt haben.

Ich kann nicht verstehen, wie das Hohe Haus über die Tatsache einer Verschuldung, die wirklich dramatisch ist, so ganz locker an einem Nachmittag um halb drei reden kann. Warum diskutieren wir bei dieser Debatte über den Rechnungsabschluß nicht auch über die Philosophie, die hinter dem Ganzen steht, und darüber, wohin wir uns bewegt haben? – Wir leben heute im öffentlichen und im privaten Konsum auf Kosten des Wohlstandes und der Lebensqualität unserer Kinder. – Ja glauben Sie wirklich, unsere Kinder werden diese Zinsen bezahlen?

In Deutschland führt man zumindest schon eine Debatte über das Pensionssystem, nur in Österreich hört man noch immer: Es ist alles in Ordnung. – Es ist nicht in Ordnung! Schauen Sie sich die demographischen Zahlen an!

Warum führen Sie von den Regierungsparteien mit der Bevölkerung keine Diskussion über das Pensionssystem, das Sie heute schon auf Pump finanzieren? – Der Anteil, den Sie jährlich aus dem Budget zuschießen müssen, explodiert! Es sind weit über 60 Milliarden Schilling zusätzlich zu den Beiträgen der Menschen notwendig, um den Generationenvertrag einzuhalten. Dieser Generationenvertrag ist auf Dauer nicht einlösbar!

Die Gesundheitsfrage ist nicht geklärt! 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gehen für Gesundheitskosten, die eine stark überproportionale Dynamik aufweisen, auf. Wo sind die Antworten?

Auch die Arbeitslosigkeit werden wir mit großen Parlamentsreden allein nicht eindämmen können. Wir können sie immer wieder beschwören und für das Protokoll immer wieder sagen, für wie wichtig wir sie halten. Die Arbeitslosigkeit ist wirklich wichtig! Das ist wirklich das zentrale Problem, aber Sie können es nur über eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik lösen, die den Standort Österreich so attraktiv macht, daß wir mehr Kunden und damit auch mehr Beschäftigung haben.

Die Personalaufwendungen des Bundes sind ebenfalls nicht gelöst. Im Jänner wurde eine Unzahl von neuen Beamten in die Pragmatisierung übernommen, mehr als jemals im Jänner eines Jahres. Das sind doch wieder die Probleme der nächsten Jahre, Herr Finanzminister! Sie haben jetzt Herrn Rottensteiner, wenn ich seinen Namen richtig behalten habe, seines Zeichen Staatssekretär in Ihrem Ministerium (Bundesminister Edlinger: Ruttenstorfer!) – Ruttenstorfer, ich bitte um Entschuldigung (Abg. Böhacker: OMV!) –, um diese Frage zu klären. Aber Sie haben sich jetzt, im Jänner 1997, hinsichtlich der Pragmatisierung wieder auf 20 oder 30 Jahre gebunden.

Meine Damen und Herren! Das Hohe Haus diskutiert diese Themen, die ich wirklich von einer gesellschaftspolitischen Dramatik sondergleichen finde, so quasi als Füller zwischen zwei anderen Themen.


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